Werbung

Erfolg gegen das Virus

Vietnam kommt gut durch die Coronakrise

  • Marina Mai
  • Lesedauer: 3 Min.

Die ersten 16 Coronafälle zählte der bevölkerungsreiche Nachbarstaat Chinas bereits im Februar, ebenso viele übrigens wie damals Deutschland. Vietnam schloss die Grenze zu China - der Staat, mit dem es die intensivsten Wirtschaftskontakte hat - nach Ansicht der Bevölkerung zu spät, aber doch noch rechtzeitig genug, um eine Ausbreitung der Infektion unter Kontrolle zu halten. Und das ist tatsächlich sehr schwierig in einem Land mit einem schlecht ausgestatteten Gesundheitssystem, in dem ein großer Teil der Bevölkerung nicht krankenversichert ist und ein Weg zum Arzt bedeutet, dass man die Familie mit einer teuren Arztrechnung belastet.

Auch Schulen und Universitäten wurden geschlossen, als lediglich 16 Infektionsfälle offiziell registriert waren. In den beiden größten Städten Vietnams wurden zudem schon im Februar Feldlazarette zur Isolation von Kontaktpersonen binnen weniger Tage errichtet. Eine 10 000 Einwohner zählende Gemeinde nahe Hanoi mit sieben infizierten Menschen wurde im Februar drei Wochen lang von der Außenwelt abgeschnitten, die Bewohner vom Staat mit Lebensmitteln versorgt. Im Umgang mit neuen Infektionskrankheiten, etwa mit SARS, hat Vietnam Erfahrung. Ähnlich wie andere Staaten in der Region wie Südkorea, die ähnlich erfolgreich agieren.

Hinzu kommt: Das Tragen von Gesichtsmasken gehörte auch schon vor Corona zum Alltag in Vietnam. Viele Menschen tragen sie, um sich vor Verkehrsabgasen in den Riesenstädten Hanoi und Ho-Chi-Minh-Stadt zu schützen. Die von der Regierung verordnete Maskenpflicht war also nicht so gewöhnungsbedürftig wie in Europa. Masken, auch medizinische Schutzmasken, werden zudem in Vietnam produziert, es gab nur sehr temporär einen Mangel daran. Die Produktion wurde angekurbelt, so dass Vietnam jetzt Schutzmasken exportiert. Die Kapazitäten für Coronatests sind allerdings gering, Massentests wie in Südkorea scheiden deshalb aus. Vietnam setzt stattdessen auf Prävention durch eine lückenlose Überprüfung von Kontaktpersonen. Sogar Zweit-, Dritt- und Viertkontakte werden isoliert.

Die Mittel der Kontaktermittlung sind Datenschutztechnisch allerdings sehr bedenklich. Nachdem die ersten 16 Coronainfizierten genesen waren und es über Wochen keine neuen Fälle gab, reiste eine 17. Infizierte ein - eine Vietnamesin aus London. Die Regierung veröffentlichte ihren Namen und ihre Wohnadresse, isolierte ganze Straßenzüge. Die Frau wurde öffentlich an den Pranger gestellt, weil sie ihre Symptome bei der Einreise am Flughafen verschwiegen hätte. Morddrohungen in den sozialen Netzwerken waren die Folge. Die Namen aller Mitreisenden in dem Flugzeug - vor allem britische Touristen - wurden an Hotels in den Ferienregionen geschickt, die die Menschen sofort der Polizei melden sollten. »Das führte zu einer Panik vor europäisch aussehenden Menschen«, sagt ein Deutscher, der in Vietnam lebt.

Grenzschließungen und Beschneidung von Grundrechten von Bürgern sind in Zeiten der Pandemie notwendig, um Leben zu retten. Sie lassen sich in autoritär regierten Staaten wie Vietnam leichter durchsetzen als in Staaten mit einer funktionierenden politischen Gewaltenteilung. Niemand kann vor einem Gericht gegen die Maßnahmen klagen.

Vietnams Wirtschaft konnte im ersten Quartal sogar um 3,8 Prozent wachsen, während sie in vielen Staaten schrumpfte. Textil- und Pharmaindustrie profitierten von der weltweiten Pandemie, die Elektronik wuchs trotz der Coronakrise. Für Beschäftigte im am Boden liegenden Tourismussektor sind die sozialen Einschnitte allerdings hart.

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken von Socken mit Haltung und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.