Spalten Corona-Folgen die Gesellschaft?
Zukunft nach Homeoffice
Der Hamburger Zukunftsforscher Prof. Peter Wippermann sieht beträchtliche Probleme. Er erwartet eine Vier-Tage-Woche und sieht eine gespaltene Gesellschaft.
Die kollektive Erfahrung - Deutschland im Homeoffice - beschleunige nicht nur den digitalen Fortschritt der Arbeitswelt, sie werde auch weitreichende Konsequenzen für das gesellschaftliche Leben haben, sagt der Hamburger Zukunftsforscher: »In naher Zukunft werden wir über die Einführung der Vier-Tage-Woche diskutieren. Denn die klassische Arbeitszeit ist geprägt von der Industrialisierung der Wirtschaft. Das ändert sich durch die Digitalisierung.«
Für Wippermann deutet sich sogar ein harter Riss an, der die Gesellschaft spalten könne. Es werde Arbeitnehmer geben, die mit dem Modernisierungsschub Schritt halten könnten. Den nicht Digital-Arbeitenden hingegen werde es sehr viel Mühe bereiten, im modernen Berufsleben mitzukommen.
Im Interview mit dem Kundenmagazin der Krankenkasse BKK VBU spricht er von einer Polarisierung der Gesellschaft. Man sehe, dass die neuen Technologien für Heranwachsende die reale Umwelt ist, an die sich die vorherige Generation anpassen müsse. »Es wird zu erhöhter Spannung kommen zwischen denjenigen, die in der Lage sind, in ihrem beruflichen Umfeld die digitalen Technologien zu nutzen, und denjenigen, die in der sogenannten ersten Realität ihre Arbeitsplätze haben, etwa Pfleger oder Kassiererinnen.«
Arbeitnehmer, die die neuen Strukturen beherrschten, würden vom Homeoffice-Boom profitieren - durch höhere Einkommen und soziales Ansehen. Achtgeben müsste die Gesellschaft auf Berufsgruppen wie Pfleger und Kassierinnen. Für sie werde es allerdings schwierig werden, diese Entwicklung positiv begleiten zu können. Sie werden wirtschaftlich nicht profitieren - sofern nicht Arbeitgeber und Gewerkschaften eine Lösung finden.
Es ist allerdings mehr als wahrscheinlich, dass die Heldinnen von heute an der Kasse morgen wegrationalisiert werden - Amazon Go, eine amerikanische Supermarktkette, deren Geschäfte ganz ohne Kassen auskommen, ist mittlerweile ein Supermarkt-Format und funktioniert in den USA. dpa/nd
Interview: http://meine-kranken kasse.de/interview-wippermann
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.