Chiles Armee rückt nach Protesten in Armenviertel ein

Chile und Brasilien melden so viele Corona-Tote binnen 24 Stunden wie noch nie

  • Lesedauer: 3 Min.

Santiago de Chile. Nach Protesten und Plünderungen ist Chiles Armee in ein Armenviertel der Hauptstadt Santiago de Chile eingerückt. Soldaten mit Maschinengewehren patrouillierten am Dienstag im Stadtteil El Bosque, wo es bei Protesten gegen die Corona-Ausgangssperre Zusammenstöße mit der Polizei gegeben hatte.

In Chile und in Brasilien, das in Südamerika am stärksten von der Pandemie betroffen ist, war die Zahl der täglichen Corona-Toten so hoch wie noch nie - in Brasilien sogar erstmals mehr als tausend.

In Santiago gilt seit Freitag eine strikte Ausgangssperre, um die rasante Ausbreitung des neuartigen Coronavirus einzudämmen. Viele Menschen haben ihre Arbeit verloren. Dagegen gibt es zunehmend Proteste. Die Demonstranten riefen »Wir haben Hunger« oder »Wir müssen arbeiten«.

In Chile gelten 11,7 Prozent der fast 18 Millionen Einwohner als arm. Die wegen des Coronavirus verhängten Beschränkungen verschärfen die sozialen Probleme noch.

Am Dienstag wurde in Chile die höchste Zahl an Corona-Todesfällen und Neuinfektionen innerhalb von 24 Stunden registriert. 3520 Menschen hätten sich neu angesteckt, 31 Erkrankte seien gestorben, teilte das Gesundheitsministerium mit. Seit den ersten Corona-Fällen in Chile Anfang März gab es damit laut den offiziellen Statistiken fast 50.000 Infektionen und mehr als 500 Todesfälle.

In Brasilien meldete die Regierung am Dienstag 1179 neue Todesfälle. Die Gesamtzahl stieg damit auf 17.971. Die Zahl der verzeichneten Infektionen stieg den Angaben zufolge um 17.408 auf 271.628 Fälle an. Bei den Infektionszahlen liegt Brasilien weltweit inzwischen auf dem dritten Rang hinter den USA und Russland. Das Land hatte sich am Montag in der Statistik vor Großbritannien gesetzt.

Nach Schätzungen von Experten könnten die Infektionszahlen in Brasilien jedoch um das 15-fache höher sein als offiziell erfasst. In dem bevölkerungsreichsten lateinamerikanischen Land wird eine gewaltige Dunkelziffer vermutet, da vergleichsweise wenig getestet wird. Experten erwarten zudem, dass der Höhepunkt der Ausbreitung des Virus in Brasilien erst im Juni erreicht wird.

Dem brasilianischen Präsidenten Jair Bolsonaro wird vorgeworfen, die Corona-Krise in seinem Land herunterzuspielen. Die von dem Virus ausgelöste Lungenkrankheit Covid-19 bezeichnete der ultrarechte Staatschef in der Vergangenheit als »kleine Grippe«. Die von brasilianischen Bundesstaaten verhängten Corona-Restriktionen kritisiert Bolsonaro immer wieder massiv wegen ihrer negativen Auswirkungen auf die Wirtschaft.

Wegen Meinungsverschiedenheiten mit Bolsonaro über den Umgang mit der Pandemie schieden in den vergangenen Wochen bereits zwei Gesundheitsminister aus dem Kabinett aus. Der Arzt Nelson Teich hatte am Freitag nach weniger als einem Monat seinen Rücktritt eingereicht - er soll nicht mit dem Einsatz des Malaria-Mittels Chloroquin bei Corona-Patienten einverstanden gewesen sein. Teichs Vorgänger Luiz Henrique Mandetta war im April von Bolsonaro entlassen worden.

Wie sein US-Kollege Donald Trump hat Bolsonaro die Malaria-Mittel Chloroquin und Hydroxychloroquin wiederholt als mögliche Wundermittel angepriesen - im Zusammenhang mit dem Coronavirus ist ihre Wirksamkeit allerdings umstritten. Trump nimmt Hydroxychloroquin nach eigenen Angaben sogar zur Vorbeugung ein. AFP/nd

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