Wütende Proteste gegen Rassismus in den USA

Amerika in Aufruhr: Demonstrationen und Gewalt in zahlreichen US-Städten / Trump will Antifa-Bewegung als terroristisch einstufen / Proteste auch in Deutschland

  • Lesedauer: 3 Min.

Washington. Der Tod des Afroamerikaners George Floyd nach einem brutalen Polizeieinsatz in der Großstadt Minneapolis hat am Wochenende in den USA erneut zu Protesten und Gewalt geführt. Trotz Ausgangssperren in zahlreichen Städten gingen Menschen die fünfte Nacht in Folge auf die Straßen. Sie protestierten gegen Brutalität, Diskriminierung und Ungerechtigkeit gegenüber Menschen mit schwarzer Hautfarbe. Präsident Donald Trump machte linksradikale Gruppen für die Ausschreitungen verantwortlich.

In Minneapolis im Bundesstaat Minnesota, wo Floyd am Montag nach dem Einsatz gestorben war, drängten Sicherheitskräfte Demonstranten mit Tränengas zurück. In anderen Städten von New York bis Los Angeles kam es ebenfalls zu Unruhen und auch zu Plünderungen. Auf Bildern waren vielerorts brennende Autos und Geschäfte zu sehen.

In Indianapolis im Bundesstaat Indiana wurde mindestens ein Mensch in der Nähe von Demonstrationen durch Schüsse getötet, wie der Sender NBC News unter Berufung auf die Polizei berichtete. Vize-Polizeichef Josh Barker zufolge gab es mindestens zwei Verletzte.

Die Nationalgarde von Minnesota teilte mit, mehr als 4100 von bis zu 10.000 mobilisierten Soldaten seien bereits im Einsatz. Die anderen Soldaten stünden bereit. Die Nationalgarde zählt zur Reserve der US-Streitkräfte und kann in Ausnahmesituationen in Bundesstaaten eingesetzt werden. Nach Angaben des Senders CNN verhängten mindestens 25 Städte in 16 Bundesstaaten Ausgangssperren.

Die Bürgermeisterin von San Francisco, London Breed, verkündete eine Ausgangssperre, die von Sonntagabend bis Montagfrüh 5 Uhr Ortszeit gelten soll. Zuvor waren Proteste in der Innenstadt in Plünderungen und Vandalismus umgeschlagen. Die Bürgermeisterin sagte, die Nationalgarde werde »bereitstehen«. Aktive Kriminalität »ist etwas, das wir nicht tolerieren werden«.

In Los Angeles wurde ebenfalls die Nationalgarde angefordert, um weitere Ausschreitungen zu verhindern. Dort gab es schon mehr als 500 Festnahmen. Bürgermeister Eric Garcetti sagte im US-Sender Fox News: »Das ist nicht länger ein Protest, das ist Zerstörung.« In der zweitgrößten Stadt der USA galt ebenfalls eine Ausgangssperre.

Vor dem Weißen Haus in Washington verhinderten Sicherheitskräfte am Samstagabend, dass sich Demonstranten dort versammelten. Ein schwarzer Demonstrant trug ein Schild mit der Aufschrift: »Bin ich der Nächste?« Demonstranten skandierten den Namen George Floyd. Auf Fernsehbildern war zu sehen, wie ein Gebäude im Stadtzentrum brannte. Auch in New York protestierten wieder Tausende. Erneut kam es zu Ausschreitungen. Dutzende Menschen wurden festgenommen - sieben davon vor dem Trump Tower.

Auch in vielen anderen Staaten wurde gegen Rassismus demonstriert und an George Floyd erinnert. In Berlin gingen - wie in anderen deutschen Städten - Menschen auf die Straße. Unter dem Motto »Police brutality USA amidst the killing of George Floyd in Minneapolis« zogen am Sonntag in der Hauptstadt bis zu 1500 Teilnehmer durch den Stadtteil Kreuzberg, so die Polizei. Bereits am Samstag hatten etwa 2000 Menschen vor der US-Botschaft in Berlin protestiert.

Trumps Nationaler Sicherheitsberater Robert O'Brien wies er den Vorwurf zurück, es gebe in der Polizei systematischen Rassismus. Es gebe ein paar »schwarze Schafe«, die rassistisch oder bösartig seien. »Diese Leute müssen wir loswerden«, sagte er - wie den »schmutzigen Polizisten, der George Floyd getötet hat«. Der allergrößte Teil der Polizei mache aber hervorragende Arbeit.

Trump machte linksradikale Gruppen für die Ausschreitungen verantwortlich. »Die Gewalt und der Vandalismus werden von der Antifa und anderen gewaltsamen Gruppen des linken Flügels angeführt«, sagte Trump am Samstag. »Linksradikalen Kriminellen, Verbrechern und anderen in unserem Land und auf der Welt wird nicht erlaubt werden, unsere Gemeinden in Brand zu stecken.« In diese Zusammenhang kündigte Trump an, die Antifa-Bewegung in Amerika als Terrororganisation einzustufen. Justizminister William Barr sagte, die Gewalt gehe auf das Konto von »anarchistischen Linksextremisten«. Beweise legte auch er nicht vor.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
- Anzeige -

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.