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Konjunkturprogramm in ökologisch und sozial
Paritätischer Wohlfahrtsverband, Verdi und Fridays for Future stellen gemeinsame Kriterien vor
»Es geht um die Frage, welche klima-, sozial- oder verkehrspolitischen Ziele mit dem Programm verfolgt werden sollen«, eröffnet Ulrich Schneider vom Paritätischen Wohlfahrtsverband am Dienstagvormittag die gemeinsame Pressekonferenz mit der Gewerkschaft Verdi und der Klimabewegung Fridays for Future. »Es wird nicht selten der Versuch unternommen, Klimapolitik gegen soziale Belange auszuspielen«, sagt Schneider. Diesem Versuch würden sich die drei Organisationen entgegenstellen: »Gemeinsam schlagen wir heute eine Brücke zwischen sozialer und ökologischer Gerechtigkeit.«
Ein aktuelles Beispiel für Differenzen zwischen Klimabewegung und Gewerkschaften ist Datteln IV. Das Kohlekraftwerk soll neu ans Netz gehen, Aktivist*innen von Fridays for Future haben wenige Tage vor der Pressekonferenz gegen den Netzanschluss protestiert. Verdi hingegen hat mit Blick auf die Arbeitnehmer*innen für die Inbetriebnahme von Datteln IV argumentiert. Trotz der teils unterschiedlichen Meinung gibt es jetzt den Zusammenschluss. »Erstmals äußert sich Fridays for Future Deutschland Seite an Seite mit Gewerkschafts- und Sozialvertreter*innen«, erklärt Luisa Neubauer von Fridays for Future auf der Pressekonferenz. Eine Allianz mit zwei so großen und starken Akteuren jenseits der Klimaszene geschmiedet zu haben, sei ein historischer Moment für die Klimaaktivist*innen. Soziale Absicherung und konsequenter Klimaschutz stünden sich nicht im Weg, sondern bedingten sich gegenseitig, so Neubauer.
Am Dienstagabend treffen sich die Vorsitzenden der Koalitionsfraktionen sowie Regierungsvertreter zum Koalitionsausschuss im Kanzleramt. Ein milliardenschweres Konjunkturpaket soll den Weg aus der Coronakrise ebnen. Es wird erwartet, dass die Verhandlungen lange dauern und dass es vor allem bei der Entlastung von Familien, der Kommunen sowie der Autobranche Uneinigkeit geben wird. So steht etwa eine Autokaufprämie im Raum, die von verschiedenen Seiten stark kritisiert wird. Auch ein pauschal für alle geltender Kinderzuschlag von 300 Euro, den die SPD in die Diskussion gebracht hat, wird etwa von Schneider als »Bonus per Gießkanne« kritisiert.
Passend zu den Diskussionen ums Konjunkturprogramm stellen der Paritätische Wohlfahrtsverband, Verdi und Fridays for Future ihre Erwartungen an das Maßnahmenpaket vor. Die Organisationen fordern eine sozial gerechte und ökologisch nachhaltige Krisenbewältigung. Schneider erklärte, durch konsequentes politisches Handeln solle mehr Lebensqualität für alle geschaffen werden, statt einfach nur irgendwie die Konjunktur anzukurbeln, dabei den CO2-Verbrauch zu steigern und die soziale Spaltung noch zu vertiefen.
Mira Ball, Bundesfachgruppenleiterin Busse und Bahnen bei Verdi, stellt fest: »Um sozialen Zusammenhalt und Klimaschutz zu sichern, müssen Daseinsvorsorge und Sozialstaat ausgebaut sowie Arbeitnehmerrechte und Tarifbindung gestärkt werden.« In der Pandemie sei der Stellenwert einer starken öffentlichen Daseinsvorsorge besonders offensichtlich. »Die öffentlichen Dienste halten das Land zusammen«, so Ball. Dieser Zusammenhalt werde gefährdet, wenn die Kommunen in eine finanzielle Schieflage gerieten. Sie bräuchten genügend Geld, um einen sozial-ökologischen Wandel bestreiten zu können.
Durch die Coronakrise sind vielen Kommunen mit der Gewerbesteuer Einnahmen weggebrochen. Dadurch verschulden sie sich noch stärker als bereits vor dem Ausbruch der Pandemie. Über die Übernahme der Altschulden herrscht innerhalb der Koalition Uneinigkeit. Die Union lehnt den Vorschlag ab, die reichen Bundesländer Bayern und Baden-Württemberg sträuben sich, für Schulden von Kommunen aus anderen Bundesländern zu zahlen.
Auf der Pressekonferenz fordern die drei Vertreter*innen auch Investitionen in Kitas, Schulen, die Pflege und den öffentlichen Personennahverkehr. Es brauche eine Mobilitätsprämie, so Mira Ball, die Tickets für den öffentlichen Nahverkehr sowie die Anschaffung von Fahrrädern fördert. Damit stellen die Organisationen sich gegen die Abwrackprämie für die Automobilindustrie. Schneider argumentiert, wenn die Ärmsten durch das Konjunkturprogramm finanzielle Hilfe erhielten, sei gewährleistet, dass jeder zusätzliche Euro auch ausgegeben wird: »Da geht nichts auf Sparkonto.« So würde auch die Kaufkraft angekurbelt werden.
Auch außerhalb der Pressekonferenz regte sich am Dienstag Unmut über die erwarteten Ergebnisse aus dem Koalitionsausschuss: In über 60 Städten fanden laut Fridays for Future Proteste unter dem Motto »Klimaziel statt Lobbydeal« statt. In Berlin gab es eine Menschenkette im Regierungsviertel, an der auch Vertreter von Linke, Grünen, aber auch Nichtregierungsorganisationen wie Attac und BUND teilgenommen haben.
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