Für steuergünstige Schenkungen nutzen

Wie vermögende Privatpersonen und Unternehmen das Beste aus der Corona-Virus-Krise machen

  • RA Andreas Otto Kühne
  • Lesedauer: 5 Min.

Die Corona-Krise stellt unser Finanz- und Wirtschaftssystem auf eine harte Probe. Die Bundesregierung rechnet mit der schwersten Rezession der Nachkriegszeit. Laut Frühjahrsprognose dürfte die Wirtschaftsleistung in diesem Jahr um 6,3 Prozent einbrechen.

Gleichzeitig geraten viele Vermögensinhaber in eine kritische Situation. Ob Wertpapiere, Immobilien oder Unternehmensanteile: Der Blick in die Vermögensaufstellung verheißt meist nichts Gutes. In vielen Fällen zeichnet sich für 2020 und wahrscheinlich auch für 2021 ein erheblicher Wertverlust ab. Was für viele Vermögensinhaber besorgniserregend ist, hat gleichzeitig positive Effekte.

Richtig schenken

1. Motive analysieren: Für Schenkungen können viele Gründe sprechen. Insbesondere bei großen Vermögen eröffnen sich jetzt hohe steuerliche Einsparungen. Zudem können lebzeitige Übertragungen Erbstreitigkeiten verhindern und den Erhalt des Familienvermögens sicherstellen. Nachhaltige Lösungen tragen der persönlichen Motivlage exakt Rechnung.

2. Geschenk festlegen: Viele Vermögensanlagen haben durch die Krise deutlich an Wert verloren. Aus steuerlicher Sicht sind Schenkungsgegenstände besonders reizvoll, wenn sie perspektivisch wieder deutlich an Wert gewinnen. So lassen sich hohe steuerliche Einsparpotenziale für das Familienvermögen realisieren.

3. Schenkungsvertrag schließen: Gerade bei großen Vermögenswerten ist ein notarieller beurkundeter Schenkungsvertrag ratsam. Er sollte Rückforderungsrechte zugunsten des Schenkers beinhalten, etwa für den Fall, dass der Beschenkte vor dem Schenker verstirbt oder ein Insolvenzverfahren gegen den Beschenkten droht. Sinnvoll ist oft die Anrechnung der Schenkung auf den Pflichtteil des Beschenkten, um in der Testamentsgestaltung frei zu sein. Auch eine Vertragsklausel für eine eventuelle Scheidung des Beschenkten ist denkbar. Quelle: BKL Fischer Kühne + Partner, www.bkl-law.de

Der steuerliche Wert von Vermögensanlagen ist für die Entscheidungsfindung von Schenkungen von zentraler Bedeutung. Davon hängt ab, in welcher Höhe Schenkungsteuer anfällt. Zurzeit liegt der steuerliche Bemessungswert vielfach deutlich niedriger als noch vor einigen Monaten. Wer perspektivisch eine Schenkung plant, sollte sein Vorhaben jetzt prüfen und unter Umständen vorziehen. Dies gilt erst recht, wenn der Wertverlust der Anlagen von vorübergehender Natur ist und sich langfristig wieder eine Erholung abzeichnet.

Gezielt Steuern sparen

Wer sein Vermögen schon zu Lebzeiten weitergibt, kann von persönlichen Freibeträgen bei der Schenkungsteuer profitieren. Es gelten dieselben Freibeträge wie bei einer Erbschaft. Sie können allerdings alle zehn Jahre neu genutzt werden. Für Ehepartner liegt der Freibetrag bei 500 000 Euro, bei Kindern sind es 400 000 Euro. Schenkungen an Enkel bleiben bis 200 000 Euro steuerfrei. Zählt der Beschenkte nicht zu den engeren Verwandten, liegt der Freibetrag bei 20 000 Euro.

Aus wirtschaftlicher Sicht lassen sich in der Krise mehr Vermögenswerte in die gesetzlichen Freibeträge »packen« als vor oder nach der Krise. So gewinnen Schenkende mehr Spielraum für steuerfreie Übertragungen oder können die anfallende Schenkungsteuer deutlich senken.

Handlungsbedarf besteht auch, da Steuererhöhungen zukünftig immer wahrscheinlicher werden. Angesichts der massiven Verschuldung aller öffentlichen Haushalte ist eine Erhöhung der Erbschaftsteuer nicht auszuschließen und gegebenenfalls - trotz verfassungsrechtlicher Bedenken - auch die Wiedereinführung der Vermögensteuer. Wer kurzfristig agiert, sichert sich noch die Vorteile des geltenden Steuerrechts und wappnet sich für mögliche Steuerverschärfungen. Eine geschickte Vermögensverteilung im Familienkreis kann Belastungen im Falle einer etwaigen Vermögensteuer deutlich abschwächen.

Niedrige Bewertung nutzen

Die Corona-Krise setzt die Börsen weltweit unter Druck. Viele Wertpapiere verzeichnen erhebliche Kursverluste, von denen sie sich allenfalls langfristig erholen. Im Schenkungsfall gilt für die steuerliche Bewertung grundsätzlich das sogenannte Stichtagsprinzip. Das bedeutet: Das Finanzamt zieht für die Besteuerung den Kurswert der geschenkten Wertpapiere zum Zeitpunkt der Ausführung der Schenkung heran. Die weitere Kursentwicklung bleibt unberücksichtigt.

In vielen Fällen lohnt sich eine frühzeitige Schenkung von Wertpapierdepots. Dies wirkt sich bei später steigenden Kursen günstig auf die Bemessungsgrundlage und damit auf die Steuerbelastung aus.

Auch viele Immobilienanlagen sind von der Krise betroffen. Die erzielbaren Verkaufspreise liegen vielerorts deutlich unter dem Niveau als vor der Krise. Bei gewerblich genutzten Objekten kommt es verstärkt zu rückläufigen Mieten, Mietausfällen oder auch Leerständen. Diese Entwicklungen fließen in die steuerliche Wertermittlung ein, die bei Gewerbeobjekten im Rahmen des sogenannten Ertragswertverfahrens erfolgt.

Bei Eigentumswohnungen kommt das Vergleichswertverfahren zur Anwendung, das vorrangig von Gutachterausschüssen ermittelte Vergleichspreise heranzieht. Ist bei einer vergleichbaren Eigentumswohnung ein starker Preisrückgang feststellbar, so sinkt auch der Bemessungswert für die geschenkte Wohnung. Deshalb ist der aktuelle Preisrückgang ein besonders guter Zeitpunkt für steuergünstige Schenkungen.

Unter steuerlichen Gesichtspunkten bietet sich jetzt auch die unentgeltliche Übertragung von Firmenanteilen an. Hierfür wird grundsätzlich der Ertragswert herangezogen, der vielfach deutlich niedrigerer ausfällt als noch vor einigen Monaten. Schließlich müssen viele Unternehmen in 2020 und voraussichtlich auch in 2021 empfindliche Gewinnrückgänge hinnehmen. Je niedriger der Ertragswert des Unternehmens ist, desto geringer ist generell auch die Schenkungsteuer. Nur wenn der sogenannte Substanzwert des Unternehmens höher ist, ist dieser maßgeblich. Gerade wenn die wirtschaftlichen Zukunftsaussichten des eigenen Unternehmens gut sind, sollten Unternehmer jetzt eine Schenkung von Firmenanteilen prüfen.

Schenken mit Weitblick

Auch wenn steuerliche Motive dominieren, so gibt es weitere gute Gründe für lebzeitige Vermögensübertragungen. Die niedrigen Bewertungen von Sachwerten und Unternehmensanteilen lassen sich auch für erbrechtliche Ziele nutzen. Vermögensinhaber können durch Schenkungen Teile des Vermögens nach ihren Vorstellungen zu Lebzeiten innerhalb der Familie verteilen. Dadurch verringern sie die Gefahr von vermögensgefährdenden Auseinandersetzungen nach dem Tod des Schenkers.

In vielen Familien gibt es »schwarze Schafe«, die möglichst wenig vom Erbe erhalten sollen. Allerdings räumt der Gesetzgeber jedem Kind nicht nur einen Pflichtteil, sondern auch einen Pflichtteilsergänzungsanspruch ein. Die Folge: Auch wenn ungeliebte Kinder von Schenkungen ausgeschlossen werden, partizipieren sie an allen Schenkungen innerhalb von zehn Jahren vor dem Tod des Erblassers.

Sofern eine Schenkung mehr als zehn Jahre vor dem Ableben des Schenkers erfolgt ist, wird sie beim Pflichtteilsrecht nicht mehr berücksichtigt. Aber Achtung: Schenkungen an den Ehegatten sowie Schenkungen unter Nießbrauchvorbehalt werden stets einberechnet, unabhängig von dem Zeitpunkt der Schenkung. Der Ausgleichsanspruch bemisst sich am Wert des Geschenks zum Zeitpunkt der Schenkung. Spätere Wertanstiege bleiben außen vor. Mit Schenkungen in Krisenzeiten können Vermögensinhaber die aktuell niedrige Bewertung nutzen und den Ausgleichsanspruch von »schwarzen Schafen« deutlich verringern.

Grundsätzlich gilt: Der Schenker sollte nur solches Vermögen verschenken, das er für seine eigene, auskömmliche Lebensführung mit Sicherheit nicht benötigt. Deshalb ist das selbst genutzte Familienheim in den allermeisten Fällen für Vermögensübertragungen tabu.

Auch wenn die Rahmenbedingungen sehr verlockend sind, ist vorschnelles Handeln fehl am Platz. Unentgeltliche Vermögensübertragungen erfordern eine gründliche Prüfung und Planung. Schenker sollten fachlichen Rat einholen, um alle Möglichkeiten auszuschöpfen und rechtliche Fallstricke zu umgehen.

Der Autor ist Fachanwalt für Erbrecht und Partner der Kanzlei BKL Fischer Kühne + Partner

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