»Der blaue Fleck sagt dir, wo unten ist«

Dr. Schmidt erklärt die Welt

  • Lesedauer: 3 Min.
Spiegelverkehrte Videokonferenzen

Bei Videokonferenzen fiel auf: Mein Monitor zeigt das Bild aus meiner Kamera spiegelverkehrt; meine Kollegen sehen es richtig herum.
Die Kamera ist quasi wie dein Spiegel. Beim Selfie merkst du es nicht, weil die Handykamera das Bild dreht. Das tun auch einige Videokonferenz-Programme. Bei Zoom zum Beispiel kannst du einstellen, wie herum du es haben willst.

Steffen Schmidt
Dr. Steffen Schmidt, Jahrgang 1952, ist Wissenschaftsredakteur des »nd« und der Universalgelehrte der Redaktion. Auf fast jede Frage weiß er eine Antwort – und wenn doch nicht, beantwortet er eine andere.

Die Kamera liefert zwei verschiedene Bilder?
Nicht die Kamera, das Programm. Bei Skype siehst du dich auf dem großen Bild spiegelverkehrt, auf dem kleinen Bild am Rand richtig herum - wie auch der Gesprächspartner dich sieht.

Sind Menschen irritiert, wenn sie sich nicht seitenverkehrt wie im Spiegel sehen?
Dazu gibt es Untersuchungen aus anderen Kontexten. Es ging um die Frage, warum man sich, wenn man sich im Spiegel verkehrt herum sieht, dennoch auf der richtigen Seite kratzt. Das ist gar nicht so trivial. Wer versucht, sich vorm Spiegel selbst die Haare zu schneiden, wird sehen, wie schwierig das ist. Aber dazu kenne ich keine Studien; wohl auch, weil vor Corona die Leute zum Friseur gegangen sind.

Links und rechts müssen Kinder mühsam erlernen, und dann noch mal im Spiegelbild.
Das klappt bei manchen ewig nicht. Aber irgendwann hat das Gehirn es automatisiert. Ohnehin muss es beim Sehen einiges leisten. Wir haben im Auge eine einfache Sammellinse, und die stellt - wenn du dich an den Physikunterricht erinnerst - die Welt auf den Kopf. Wir sehen auf der Netzhaut die Welt permanent falsch herum, nehmen sie aber als richtig herum wahr.

Oben, unten, links, rechts - Definitionsfragen.
Ja. Wenn du hinfällst, sagt dir der blaue Fleck, wo unten ist. Wir könnten es natürlich auch oben nennen, aber es würde dasselbe bedeuten.

Wurde eigentlich schon untersucht, wie kreativ man im Homeoffice sein kann?
Weiß ich nicht, aber Ideen entstehen oft zufällig. Ich fragte mal einen Physiker, wie die Zusammenarbeit zwischen seinem Industrieinstitut und Unis läuft. Er sagte: Gar nicht, denn wir haben keine gemeinsame Kantine. Das ist der Punkt. In so einer Kantine kommen Leute ins Gespräch, die nicht direkt miteinander zu tun haben. Fürs Homeoffice bräuchte man einen Innovationsdialog, mit Zufallselement. Ein geplantes Chaos.

Archimedes lag angeblich allein unterm Apfelbaum und rief irgendwann: »Heureka!«
Der mit Apfelbaum und der Schwerkraft, das war Newton. Hatte übrigens mit oben und unten zu tun. Archimedes soll in der Badewanne den Zusammenhang zwischen Materialdichte und -volumen erkannt haben. Wer weiß.

Hätte er ein Smartphone gehabt, gäbe es vielleicht ein Video davon.
Ich weiß nicht, ob Wissenschaftler dazu neigen. Das müsste man mal untersuchen lassen.

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