Verbraucherschützer haben Hochkonjunktur

Bargeldloses Bezahlen: Jede zweite Bank kassiert ab

  • Hermannus Pfeiffer
  • Lesedauer: 4 Min.

Seit Beginn der Corona-Krise unterstützen die Verbraucherzentralen Bürgerinnen und Bürger mit Rat und Tat zur neuen Lage. So machte beispielsweise die Verbraucherzentrale Brandenburg (VZB) im April rund 40 Prozent mehr Termine als im Vorjahresmonat. »Unsere Beraterinnen und Berater führten allein im April über 1230 umfängliche Beratungen durch«, lässt sich VZB-Geschäftsführer Christian Rumpke zitieren. Insgesamt stieg die Zahl sämtlicher Verbraucherkontakte, trotz Wegfall von Vorträgen und Veranstaltungen, im April auf über 4000.

Top-Thema »Pauschalreisen«

Jede dritte Anfrage und Beschwerde drehte sich um Stornierung, Abbruch oder Anzahlung bei Pauschalreisen, Flügen und Unterkünften. So beschwerten sich viele, dass sie für stornierte Pauschalreisen ihr Geld nicht zurückerhielten, mit Verweis auf letztlich rechtswidrige Zwangsgutscheine abgespeist wurden oder einfach überhaupt keine Antwort erhielten.

Gleich zu Beginn der Pandemie hatten die Verbraucherzentralen bundesweit ihre Kontaktwege umgebaut. Um Beschäftigte wie Verbraucher zu schützen, schlossen sie ihre Beratungsstellen und sagten Vor-Ort-Veranstaltungen ab. Gleichzeitig wurde vor allem das telefonische Angebot deutlich erweitert. Im Regelfall ist es nun möglich, spätestens am nächsten Werktag einen Beratungstermin anzubieten. Außerdem bauten die Verbraucherzentralen ein üppiges Web-Angebot rund um Corona-Themen auf. Hilfe zur Selbsthilfe finden Verbraucher auf der umfangreichen Internetseite der Brandenburger Verbraucherzentrale www.verbraucherzentrale-brandenburg.de/corona.

Die Verbraucherschützer stoßen in diesen Zeiten auch auf neue Themen, etwa das Bezahlen an der Ladenkasse. Bislang galten die Bundesbürger als Kartenmuffel. Sie zahlten lieber mit Bargeld. Doch während der Corona-Krise änderte sich dies. Nun werden Einkäufe öfter per Karte und kontaktlos beglichen. Der Grund: Viele wollen keine Scheine und Münzen anfassen, die schon durch fremde Hände gegangen sind. Auch Lebensmittelhändler, Baumärkte und Friseure bitten nun ihre Kundschaft in Aushängen an den Kassen, per Karte zu bezahlen.

34 Cent extra für jedes Zahlen

Auch Geldhäuser werben kräftig für das bargeldlose Bezahlen. Der Wandel im Zahlungsverkehr könnte für sie zu einem guten Geschäft werden.

Eine Studie des Onlineportals Biallo.de zeigt, dass immer mehr Kreditinstitute ihren Kundinnen und Kunden hierfür in die Tasche greifen.

Das Finanzportal hat insgesamt 380 Sparkassen sowie 440 Volks- und Raiffeisenbanken untersucht. Das Ergebnis: Bereits jedes zweite Institut verlangt für bargeldloses Bezahlen mit Giro- oder Kreditkarte eine Gebühr.

In der Regel werden diese Extrakosten für preisgünstige Giro- und Basiskontenmodelle wie das »Girokonto Klassik« der Sparkasse fällig. Unter ihnen ist auch das größte öffentliche Geldhaus: die Hamburger Sparkasse. Die Haspa verlangt 50 Cent pro Transaktion. Zur Kasse gebeten werden damit auch jene, die ohnehin wenig Geld haben und daher Basiskonten nutzen.

Im Schnitt verlangen die Geldhäuser 34 Cent pro Transaktion. Dabei sind die Unterschiede in der Branche groß. So reichen die Gebühren von 2 Cent pro Bezahlvorgang bis hin zu 70 Cent bei der Sparkasse Rhein-Lippe. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Extra-Gebühren fürs kontaktlose Bezahlen nicht die einzigen Kosten sind, die anfallen. Allein für das »Girokonto Klassik« der Sparkasse werden in der Regel pro Monat mindestens 5,90 Euro Grundgebühr fällig - ohne dass der Nutzer irgendeinen einen Service in Anspruch nimmt.

Fehlende Transparenz

Was zunächst nach vergleichsweise überschaubaren Gebühren klingen mag, kann sich, auf das Jahr gerechnet, zu hohen Extrakosten summieren. Biallo nennt als Beispiel den teuersten Anbieter. Beim Kontomodell »Klassik« der Niederrheinischen Sparkasse Rhein-Lippe in Wesel droht eine jährliche Mehrbelastung von 504 Euro. Dazu muss der Kunde nur zweimal am Tag kontaktlos zahlen.

Die Sparkasse vom Niederrhein hat ihre Entgeltvorschriften nicht einmal auf der eigenen Website zugänglich gemacht, berichtet Biallo. Was eindeutig gegen die gesetzlichen Vorschriften verstoße. Damit ist sie kein Einzelfall.

»Statt ehrlich und offen die Entgelte für Kartenzahlungen konkret zu nennen, werden diese im Preisverzeichnis regelmäßig unter Buchungsposten versteckt«, kritisiert Niels Nauhauser von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg gegenüber dem »Versicherungsboten«.

Die Kunden sind Vorort oftmals alternativlos

Für Verbraucher sind Sparkasse und Volksbank vor Ort oft alternativlos. Als Beispiel nennt Biallo die beiden Geldhäuser aus jenem Ort, in dem die Corona-Epidemie besonders hart zuschlug - Heinsberg. Die dortige Kreissparkasse nimmt 45 Cent für jede Abhebung ab zehn Euro. Das Bezahlen morgens beim Bäcker kostet also eher nichts extra. Die Volksbank dagegen fordert sogar 59 Cent pro Zahlvorgang mit ihrer Girocard - und das unabhängig vom zu zahlenden Betrag.

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