Begründeter Verdacht

Kosovos Präsident wegen Kriegsverbrechen angeklagt

  • Roland Zschächner
  • Lesedauer: 2 Min.

Nun gehört er zu den Beschuldigten: Die Staatsanwaltschaft beim Sondergericht für Kriegsverbrechen während des Kosovo-Krieges in Den Haag hat am Mittwoch bekannt gegeben, dass sie Anklage gegen den kosovarischen Präsidenten Hashim Thaci erheben will. In einer Stellungnahme heißt es, die Ermittlungsrichter prüften nun, ob dem Ersuchen stattgegeben werde. Zehn Anklagepunkte seien gegen den ehemaligen Kommandeur der Kosovo Befreiungsarmee (UCK) zusammen gekommen. Ihm werde »eine Reihe von Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen vorgeworfen, darunter Mord, das Verschwindenlassen von Personen, Verfolgung und Folter«. Ingesamt fast 100 Morde sollen auf das Konto von Thaci und Kadri Veseli gehen. Letzterer war Chef des UCK-Geheimdienstes: Nun ist er Vorsitzender der Demokratischen Partei (PDK), der auch Thaci angehört.

Die Vorwürfe gegen Thaci sind nicht neu: Spätestens seit 2008 ist der westeuropäischen Öffentlichkeit bekannt, dass der von den USA und Deutschland hofierte »Freiheitskämpfer« für etliche Kriegsverbrechen verantwortlich ist. Damals berichtete die ehemalige Chefanklägerin des Jugoslawien-Tribunals in Den Haag, Carla Del Pontes, in ihrer Biografie von der Existenz des sogenannten Gelben Hauses in Nordalbanien. Dort seien serbische Geiseln - teilweise bei am lebendigen Leib - Organe entnommen worden, um sie auf dem Schwarzmarkt weiterzuverkaufen. Hinter dem verbrecherischen System des Organschmuggels stand der spätere kosovarische Premierminister und nun amtierende Präsident Thaci.

Im Jahr 2010 wurden die Vorwürfe erneuert. In seinem Bericht für den Europarat wies der Schweizer Ermittler Dick Marty anhand von Ermittlungsergebnissen des FBI und anderer Geheimdienste nach, dass der Organhandel von den mafiösen Strukturen auch noch nach dem offiziellen Ende des Kosovo-Krieges 1999 fortgesetzt wurde. Zur Anklage kam es indes nicht.

Begrüßt wurden die Ermittlungen von Sevim Dagdelen, Obfrau der Linksfraktion im Auswärtigen Ausschuss des Bundestages. Gegenüber »nd« unterstrich sie, dass die Entscheidung »lange überfällig« gewesen sei. Zudem betonte sie: »Auf die Anklagebank gehören nicht nur die Mörderbanden der kosovo-albanischen UCK, die während des Krieges gegen Jugoslawien 1999 als Bodentruppen der NATO fungiert haben, sondern auch die Verantwortlichen für die völkerrechtswidrige Aggression in den Nato-Staaten selbst, darunter der frühere US-Präsident Bill Clinton, der damalige britische Premier Tony Blair und Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder.« Sie verwies zudem darauf, dass der Bundesregierung Thaci »hofiert hat«, obwohl dessen kriminellen Aktivitäten bekannt waren.

Im vergangenen Jahr wurde der damalige Ministerpräsident Ramush Haradinaj vom Sondergericht vorgeladen, woraufhin er seinen Rücktritt einreichte.

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