Verbraucherzentrale rät: Zinsen jetzt berechnen lassen
Urteil zu Prämiensparverträgen
Nach dem Urteil vom 22. April 2020, bei dem es die Zinsklauseln der Sparkasse Leipzig unter die Lupe genommen hatte, hat es nun auch die Rechtswidrigkeit der Anpassungsklausel in Verträgen der Sparkasse Zwickau moniert.
Welche Auswirkungen haben diese Urteile (Az. 5 MK 1/20 und Az. 5 MK 1/19) auf die Sparkassenkunden im Land Brandenburg?
Zum Verständnis, was ist eine Zinsänderungsklausel?
Je nachdem wie sich der Marktzins ändert, muss auch der variable Zins im Sparvertrag angepasst werden. Die Regeln dazu müssen im Vertrag nachvollziehbar dargestellt sein. Daran fehlt es jedoch in den betroffenen Verträgen. Deshalb müssen die Verträge nun nachträglich angepasst werden. Ist eine einvernehmliche Lösung zwischen Sparkasse und Sparer nicht möglich, müssen Gerichte entscheiden.
Gilt dies auch für Prämiensparverträge bei Brandenburger Sparkassen? Die Urteile des OLG Dresden beziehen sich auf Verträge der Sparkassen Leipzig und Zwickau.
In den uns vorliegenden Verträgen aus Brandenburg gibt es gleiche oder ähnliche Klauseln. Eine Formulierung wie »Die Spareinlage wird zur Zeit mit XX % verzinst« ist nicht ausreichend. Das letzte Wort darüber, wie die Zinsanpassung zu erfolgen hat, ist hier aber noch nicht gesprochen.
Die Urteile des OLG sind noch nicht rechtskräftig. Der Streit wird vor dem Bundesgerichtshof weitergeführt. Bis zu einer endgültigen Klärung könnten Forderungen der Betroffenen jedoch schon verjährt sein. Daher sollten Betroffene jetzt tätig werden.
Was können Sparer nunmehr tun?
Prämiensparer sollten ihre Zinserträge jetzt nachrechnen lassen und den fehlenden Betrag bei ihrer Sparkasse einfordern. Derzeit wimmeln einige Sparkassen in Brandenburg Verbraucher noch ab, einige unterbreiten jedoch auch erste Vergleichsangebote. Melden sich genügend Betroffene, werden wir in Brandenburg auch eine Musterfeststellungsklage anstreben, falls die Sparkassen keine nennenswerten Nachzahlungen anbieten. Zahlreiche Sparer haben sich auch schon für individuelle Klagen entschieden.
Wichtig ist, dass die betroffenen Verbraucher nun aktiv werden und so Druck auf ihre Sparkasse ausüben. Wer von seiner Sparkasse ein Ablehnungsschreiben zur Nachzahlung bekommen hat, kann sich an uns wenden und somit unterstützen, eine Musterklage gegen Brandenburger Sparkassen zu initiieren.
Wie können jetzt Betroffene ihre Zinsen nachberechnen lassen?
Die Nachberechnung der Zinsen durch einen Sachverständigen bietet die Verbraucherzentrale Brandenburg an. Wir benötigen dafür Kopien der Vertragsunterlagen und der Sparbücher. Das OLG Dresden hat in seinem Urteil ausgeführt, dass es die von uns verwendeten Parameter für die Berechnung als geeignet einstuft. Wichtig sind beispielsweise ein langfristiger Referenzzins und eine relative Zinsanpassung.
Kann ich auch erst einmal abwarten und schauen, was der Bundesgerichtshof endgültig zur Rechtslage sagt und dann meine Rechte geltend machen?
Leider nein. Es ist damit zu rechnen, dass erste Ansprüche kurz vor der Verjährung stehen oder im schlechtesten Fall bereits verjährt sind, wenn der Bundesgerichtshof entscheidet. Das OLG Dresden vertritt die Ansicht, dass die Zinsanpassungsansprüche drei Jahre nach Vertragsbeendigung verjähren.
Die erste Kündigungswelle, ausgelöst von der Sparkasse Märkisch-Oderland, schwappte im Jahr 2018 durch Brandenburg. Die Ansprüche dieser Sparer könnten also bereits Ende 2021 verjähren.
Unser Hinweis: Die betroffenen Verbraucher sollten sich auf jeden Fall rechtzeitig auf den Weg machen, um ihre Nachzahlungsansprüche nicht zu verlieren. VZB/nd
Verbraucher, die ihre Zinsen jetzt nachberechnen lassen wollen oder Probleme mit gekündigten Prämiensparverträgen haben, können sich bei der Verbraucherzentrale beraten lassen: Terminbuchung telefonisch anmelden unter (0331) 98 22 99 95 (von Montag bis Freitag von 9 bis 18 Uhr) oder online unter www.verbraucherzentrale-brandenburg.de/terminbuchung
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