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Angst in Zwickau und Chemnitz

Eine Petition für den Ostfußball kritisiert fehlende Chancengleichheit und fordert die Aussetzung der Abstiegsregel

»Im Osten geht die Sonne unter« - eine Petition unter diesem Namen hat in etwas mehr als einer Woche schon fast 7000 Unterstützer gefunden. Darunter sind so prominente Fußballnamen wie Jürgen Sparwasser, Hans-Jürgen Dörner, Peter Ducke oder Klaus Sammer. Adressaten sind der Ligaverband DFL und der Deutsche Fußball-Bund (DFB). Das grundsätzliche Anliegen: »Wir bitten die Verantwortlichen um Abänderung der bisherigen Abstiegsregel dergestalt, dass es bis zur 4. Liga in der laufenden Saison keine Absteiger geben wird, die ausgespielten Aufsteiger aber selbstverständlich aufsteigen dürfen.«

Am Mittwochabend dürften viele Freunde des Ostfußballs aufgeatmet haben. Am vorletzten Spieltag der 3. Liga konnten sich sowohl der 1. FC Magdeburg mit einem Sieg in Ingolstadt als auch der Hallesche FC durch ein Remis gegen den 1. FC Kaiserslautern vor einem folgenreichen Abstieg in die Viertklassigkeit retten. Fest steht aber auch: Dem schon lange abgeschlagenen FC Carl Zeiss Jena wird noch ein weiterer Verein in die Regionalliga Nordost folgen - der FSV Zwickau oder der Chemnitzer FC.

Die beiden direkten Abstiegskonkurrenten hatten sich am Mittwochabend auf dem Zwickauer Rasen getroffen. Danach erzählte Mike Könnecke: »Ich war voll entschlossen, das Ding reinzumachen.« Der 31-Jährige hatte sechs Minuten vor Spielende den 2:1-Siegtreffer für den FSV erzielt. Und mit seinem ersten Tor seit 20 Monaten schubste Zwickaus Offensivspieler die Chemnitzer Gegner unter den Abstiegsstrich. Die Aufgaben sind am kommenden Sonnabend für beide Mannschaften nicht einfach: Zwickau muss am letzten Spieltag nach Mannheim reisen, der Chemnitzer FC empfängt Hansa Rostock.

Um den letzten von vier möglichen Abstiegsplätzen wieder verlassen zu können, müssen die Chemnitzer bei zwei Punkten Rückstand auf den westsächsischen Konkurrenten unbedingt gewinnen. Während der FSV Zwickau aber in Mannheim auf einen desillusionierten Gegner trifft, der nach der Niederlage bei der als Aufsteiger feststehenden Eintracht aus Braunschweig keine Zweitligaträume mehr hat, ist der Gegner des CFC noch hoch motiviert. »Wir sind froh, dass wir am letzten Spieltag noch oben angreifen können«, sagte Daniel Hanslik am Mittwochabend. Der Rostocker Stürmer hatte dem F.C. Hansa zuvor mit seinem 1:0-Siegtreffer gegen Uerdingen zumindest noch die theoretische Chance auf den Relegationsplatz erhalten. Um diese auch zu nutzen, dürfen aber die vor den Rostockern platzierten Klubs aus Ingolstadt und Duisburg ihre Spiele nicht gewinnen.

Die Angst vor dem Abstieg in die Regionalliga und den schwerwiegenden Folgen müsste in diesem Jahr nicht sein. Acht Drittligisten hatten in der Coronakrise für einen Saisonabbruch votiert - mit Verweis auf große finanzielle Nachteile bei Spielen ohne Zuschauer oder den immensen Aufwand bei der Umsetzung des Hygienekonzeptes. Der DFB aber boxte seinen Spielplan mit fünf englischen Wochen und trotz einer oft als unprofessionell beschriebenen Vorbereitungszeit für die Fußballer mit aller Gewalt durch - auch mit Drohungen gegen einzelne Vereine, wie mehrfach zu hören war.

»Fairness bildet die Grundlage für einen werteorientierten Fußball. Die Regeln des Fair Play und des korrekten Umgangs miteinander gelten nicht nur auf, sondern auch außerhalb des Platzes.« Mit diesen Worten aus dem DFB-Kodex beginnt die Petition »Im Osten geht die Sonne unter«. Der Initiator, als André H. benannt, schlägt einen weiten Bogen. Ausgehend von der politischen Wende zeichnet er das Bild einer immerwährenden Benachteiligung des Ostfußballs und nutzt ein altbekanntes Argument: Aufgrund der fehlenden Wirtschaftskraft in den fünf neuen Bundesländern, wo kein einziges Dax-Unternehmen seinen Hauptsitz hat, hätten die Vereine nie Chancengleichheit besessen.

Dem kann man zustimmen, eine Lösung gibt es seit 30 Jahren nicht. Die kritisierte Benachteiligung der Ostvereine in der 3. Liga während der Coronakrise klingt ob der viel späteren Zulassung des Mannschaftstrainings gegenüber anderen Konkurrenten auch schlüssig. Einige Probleme sind jedoch hausgemacht. Halle und Magdeburg standen schon vor dem Neustart der Liga im Tabellenkeller - und haben in dieser Saison jeweils drei Trainer beschäftigt. »Das ist eine Bilanz, die ist absolut ungesund«, meinte Magdeburgs Manager Mario Kallnik selbstkritisch. Wie auch immer: Der DFB wird seine Meinung nicht ändern - der letzte Absteiger kommt also aus Zwickau oder Chemnitz.

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