Razzien bei Linken

Hausprojekt in Tübingen war ein Ziel der polizeilichen Durchsuchungen in Baden-Württemberg

  • Peter Nowak
  • Lesedauer: 2 Min.

Nach Angaben von Polizei und Staatsanwaltschaft Stuttgart wurden Wohnungen und Einrichten von Linken in Stuttgart, Ludwigsburg, Remseck, Fellbach, Waiblingen, Tübingen und Karlsruhe durchsucht und ein 21-Jähriger festgenommen. Gegen ihn würde wegen Landfriedensbruchs im Zusammenhang mit einem Angriff in Stuttgart im Mai ermittelt. »Die Durchsuchungen stehen im Zusammenhang mit einem Vorfall am Rande einer Demonstration auf dem Wasengelände in Stuttgart-Bad Cannstatt am 16.5.2020, bei dem drei Teilnehmer der Versammlung in der Mercedesstraße angegriffen wurden und unter anderem ein 54-Jähriger lebensgefährlich verletzt worden ist«, heißt es in der Pressemeldung von Polizei und Staatsanwaltschaft.

Diese Auseinandersetzung fand am Rande einer Kundgebung gegen die Corona-Einschränkungen statt, an der auch Personen aus dem rechten Spektrum teilnahmen. Bei der Attacke erlitten drei Mitglieder der rechten Betriebsliste »Zentrum Automobil« Verletzungen. Eine Person wurde ins künstliche Koma versetzt. In einer Erklärung auf der linken Onlineplattform Indymedia wurde von einer »antifaschistischen Intervention« gesprochen, bei es zu einer »ungewollten Eskalation« gekommen sei.

Unter den durchsuchten Objekten befand sich auch das linke Hausprojekt Lu15 in Tübingen. Einem Bewohner wurde vorgeworfen, an der Aktion am 16. Mai beteiligt gewesen zu sein. Ihm wurde zwangsweise eine DNA-Probe entnommen. Laut dem Freiburger Bundestagsabgeordneten der Linken Tobias Pflüger war die Zielperson des Polizeieinsatzes einer seiner Mitarbeiter. Wie Pflüger gegenüber dem »SWR« sagte, wurde er von Bewohnern des Hauses über die Festnahme informiert. »Es ist unklar, wie die Polizei zu dem Vorwurf kommt, da die betreffende Person am Tattag nicht in Stuttgart war. Bilder belegen dies«, heißt es in einer Stellungnahme des Hausprojekts Lu15. Da der Betreffende derzeit im Homeoffice arbeitet, waren sämtliche dienstlichen Unterlagen, Diensthandy und Computer bei ihm im Tübinger Wohnprojekt. Der Mitarbeiter arbeitet für Pflüger zu den Themen Rechtsextremismus und dem Kommando Spezialkräfte in Calw.

Die Lu15 war in den letzten Jahren häufiger Ziel von Polizeirazzien und Observationen, die teils von Gerichten nachträglich für ungesetzlich erklärt worden sind. In Stuttgart und Tübingen protestierten am Wochenende außerparlamentarische Linke gegen die Razzien. »Sie sind Ergebnis der wochenlangen, bewussten Stimmungsmache gegen links durch die bürgerliche Politik, etablierten Medien und dem Repressionsapparat in Stuttgart«, so eine Erklärung linker Gruppen aus Baden-Württemberg. Vor allem nach den militanten Auseinandersetzungen in Stuttgart am 21. Juni wurde der Ton gegen außerparlamentarische Linke schärfer. Dabei hatten Medien und Beobachter zunächst erklärt, die Auseinandersetzung hätte sich an einer Drogenkontrolle eines Jugendlichen entzündet.

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