Importierte Abholzung

EU-Vorhaben zu Lieferketten versagen auch angesichts der Rodungen im Amazonasgebiet

  • Peter Eßer, Brüssel
  • Lesedauer: 3 Min.

»Der freiwillige Ansatz ist fehlgeschlagen«, stellt die Europaabgeordnete Delara Burkhardt fest. Die SPD-Politikerin hat einen Bericht zur Verantwortung europäischer Unternehmen bei der Abholzung von Wäldern vor allem im Amazonasgebiet erstellt. Demnach hat es in den vergangenen Jahren viele Bestrebungen gegeben, die Lieferketten von in der EU konsumierten Produkten »entwaldungsfrei« zu machen: »Viele Unternehmen haben sich dazu verpflichtet.« Dennoch verschwanden 2019 weltweit Wälder in der Größenordnung des Landes Brandenburg. Besonders problematisch sei das brasilianische Amazonasgebiet, wo die Abholzung 2019 um fast 90 Prozent im Vergleich zum Vorjahr zugenommen habe, so Burkhardt.

Die abgeholzten Wälder standen mehrheitlich auf anderen Kontinenten. Dennoch spielt Europa eine zentrale Rolle. Die gerodeten Flächen dienen zum Großteil dem Anbau von Futterpflanzen wie Mais und Soja oder Produkten wie Kaffee, Kakao und Palmöl, die ihrerseits häufig für den Export in die EU bestimmt sind. Nach Angaben der EU-Kommission war der Verbrauch landwirtschaftlicher Produkte in Europa 2019 so für rund zehn Prozent der weltweiten Rodungen verantwortlich.

SPD-Frau Burkhardt fordert deshalb strengere Regeln für europäische Unternehmen. Die Firmen sollen darlegen müssen, dass nach Europa eingeführte Produkte nicht zur Abholzung von Urwäldern beigetragen haben. Bei Verstößen sollen sie strafrechtlich verfolgt werden können. Umweltorganisationen befürworten diesen Ansatz ausdrücklich. Es brauche »ein Lieferkettengesetz mit empfindlichen Sanktionen und der Möglichkeit für von Entwaldung Betroffene, Entschädigungen einklagen zu dürfen«, erklärte der Ko-Chef der Deutschen Umwelthilfe, Sascha Müller-Kraenner.

Das Problem der Verantwortung hiesiger Unternehmen für Missstände in anderen Teilen der Welt wird seit Jahren diskutiert. Bislang war die Politik bei bindenden Vorgaben aber zögerlich. In Deutschland gilt besonders das Bundeswirtschaftsministerium als Bremser. Entsprechend setzt die Bundesregierung bislang auf freiwillige Verpflichtungen und hat auch nicht den Umweltschutz im Fokus. Ende 2016 verabschiedete sie ihren »Aktionsplan Wirtschaft und Menschenrechte«, eine Art Kodex für Unternehmen für die Achtung der Menschenrechte entlang internationaler Lieferketten. Momentan läuft ein Monitoring der darin gesetzten Ziele. Sollte sich herausstellen, dass sich weniger als die Hälfte der Unternehmen an den Kodex halten, will Berlin aber doch gesetzgeberisch tätig werden.

Frankreich hatte 2017 in dieser Hinsicht vorgelegt: Französische Konzerne sind seitdem verpflichtet, die Auswirkungen ihrer Geschäfte im Ausland auf Mensch und Umwelt zu dokumentieren und Schäden zu verhindern. Das Gesetz zielt neben dem Klimaschutz etwa auf die Arbeitsbedingungen ab. Auch in weiteren EU-Ländern wurden derartige gesetzliche Pflichten für Unternehmen auf den Weg gebracht oder werden zumindest diskutiert.

Ein ganzheitlicher Ansatz auf EU-Ebene fehlt bislang. Ein erster Schritt wurde 2017 mit einer Verordnung über den Import von Gold, Wolfram, Zinn und anderen Stoffen aus Konfliktzonen unternommen. Das Regelwerk tritt im Januar nächsten Jahres in Kraft. Unternehmen sind dann dazu verpflichtet, Herkunft und Gewinnung importierter Mineralien etwa aus instabilen Ländern in Afrika zu überprüfen.

Im Rahmen des gerade angelaufenen Vorsitzes Deutschlands im Rat der EU-Staaten hat sich Bundesarbeitsminister Hubertus Heil das Thema auf die Fahne geschrieben: »Unser Ziel ist eine europaweit verbindliche Sorgfaltspflicht für menschenwürdige Arbeit in globalen Lieferketten«, erklärte der SPD-Politiker. Den Umweltschutz nennt allerdings auch er nicht explizit.

Die EU-Kommission, die auf europäischer Ebene als einzige Institution neue Gesetze auf den Weg bringen kann, hat im Zuge der Debatte in Aussicht gestellt, im nächsten Jahr einen Vorschlag für sektorenübergreifende, verpflichtende Regeln vorzulegen. Der Initiativbericht der EU-Abgeordneten Burkhardt soll dazu beitragen. Er soll als Grundlage für eine Positionierung des EU-Parlaments im Herbst dienen, um der Kommission »frühzeitig zu zeigen, was wir in so einem Vorschlag sehen wollen«, so die SPD-Politikerin.

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