Warschau ist nicht Budapest

Stephan Fischer über die Wahl des polnischen Präsidenten

  • Stephan Fischer
  • Lesedauer: 2 Min.

Der Amtsinhaber hat die Wahl gewonnen, wenn auch knapp; der Herausforderer erkennt seine Niederlage an. Nach dem aufgeladenen Wahlkampf und der darin aufblitzenden Spaltung Polens darf man schon über diesen lange Zeit selbstverständlich scheinenden Ablauf froh sein - denn so selbstverständlich ist er nicht mehr, selbst in der EU.

Polen und Ungarn werden von den rechtsnationalen Regierungsparteien gern als »Brüder« bezeichnet. Vertreter der PiS und Fidesz haben mehr als einmal deutlich gemacht, dass sie die finanziellen Vorteile der EU gerne mitnehmen, sich dabei aber jede so empfundene Einmischung verbitten - und sich im Zweifel dabei beistehen werden. Und doch gibt es gravierende Unterschiede zwischen beiden Ländern: Ohne unabhängige Medien, wie es sie in Polen in signifikanter Zahl gibt, wäre Dudas Herausforderer Trzaskowski nicht einmal in die Nähe seines Ergebnisses von fast 50 Prozent gekommen - der staatliche Rundfunk machte seinem Spitznamen »TVPiS« alle Ehre.

Anders als im Fall Ungarn hat auch die EU ihre Blicke im Fall Polen längst geschärft - ob es früh genug geschah, wird sich zeigen, bei Ungarn war es definitiv zu spät. Dies lag auch daran, dass Charakter und Zielsetzung des Staatsumbaus in Budapest nicht erkannt wurden oder man sie nicht erkennen wollte: die Sicherung der Macht über eine Wahlniederlage hinaus - was im Endeffekt Wahlen selbst überflüssig macht. Trotz Unregelmäßigkeiten im Vorfeld und nicht wirklich vorliegender Chancengleichheit hat Trzaskowski Duda zum Wahlsieg gratuliert - und damit dem Wahlergebnis inoffizielle, aber notwendige Legitimation verschafft. Ob Duda dies bei umgekehrten Wahlausgang auch getan hätte? Dass dieser Frage überhaupt ein realistisches Szenario zugrunde lag - auch das unterscheidet Warschau von Budapest.

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