Hartz-IV-Anpassung »schlechter Scherz«

Die Regelbedarfe für 2021 sorgen beim Paritätischen für Kritik

Fehlende Computer fürs Homeschooling, gestiegene Obst- und Gemüsepreise, wochenlanger Wegfall von Tafeln und Kleiderkammern, höheres Risiko für einen Klinikaufenthalt bei einer Sars-CoV-2-Infektion: Das sind nur einige Probleme, mit denen Menschen in Hartz-IV-Bezug durch die Coronakrise konfrontiert waren oder sind. Vergangene Woche hat das Bundessozialministerium einen »Entwurf eines Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen« veröffentlicht.

Die Hartz-IV-Regelbedarfe und die Geldleistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz sollen an veränderte Einkommens- und Verbrauchsentwicklungen angepasst werden. Für alleinlebende Sozialhilfeempfänger soll der Regelbedarf ab Januar 2021 nur um 7 auf 439 Euro im Monat steigen, für zusammenlebende Partner je um sechs Euro. Für Kinder im Alter von bis zu fünf Jahren gibt es monatlich 278 statt bisher 250 Euro. Die 6- bis 13-Jährigen bekommen keinen Cent mehr, für ältere Jugendliche steigt der Satz mit 39 Euro monatlich am meisten.

Im Gesetzentwurf wird hervorgehoben, dass bei der Berechnung der Regelsätze erstmalig auch Kosten für die Nutzung von Mobilfunk berücksichtigt seien. Von einer Hartz-IV-Anhebung kann bei diesen Beträgen aber keine Rede sein. Das »Regelbedarfsermittlungsgesetz« soll Hartz IV lediglich an die gestiegenen Lebenserhaltungskosten angleichen. Allerdings wurden bei den geringen Beträgen die zusätzlichen Kosten durch Corona offensichtlich nicht mitgedacht. Allein die Strompreise sind beispielsweise massiv gestiegen - laut dem Vergleichsportal Verivox im April sogar auf einen bisherigen Höchststand.

Zwar könnte es sein, dass es wegen der allgemeinen Preisentwicklung noch einen geringfügigen Nachschlag bei der Berechnung der Regelsätze geben wird - doch auch dieser wird nicht annähernd eine ausreichende Hilfe für Betroffene sein. Die Berechnung wird seit Einführung von Hartz IV kritisiert: Ein bedarfsdeckendes Auskommen und ausreichende gesellschaftliche Teilhabe mit Hartz-IV-Bezug sind nicht möglich. Erst am Montag hat beispielsweise das Max-Planck-Institut eine Studie zur Lebenserwartung in Deutschland veröffentlicht.

Einen starken Einfluss auf das erwartete durchschnittliche Lebensalter in einem Landkreis hat demnach die Quote der dort lebenden Hartz-IV-Empfangenden. Zu dem Entwurf des Regelbedarfsermittlungsgesetzes äußert sich Joachim Rock vom Paritätischen Wohlfahrtsverband gegenüber »nd«: »439 Euro monatlich, darunter beispielsweise nur 1,58 Euro für Bildung, müssen für die Betroffenen wie ein schlechter Scherz auf ihre Kosten wirken.«

Die Bundesregierung schreibe Fehler der Vergangenheit fort. Der Leiter der Abteilung Arbeit, Soziales, Europa der Paritätischen Forschungsstelle stellt fest: »Für über sieben Millionen Menschen bedeuten diese Regelsätze Armut. Sie werden abgehängt, während die Vermögen immer ungleicher verteilt werden.«

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