Höhere Netto-Einkommensgrenze
Rund um das Angehörigen-Pflegeentlastungsgesetz
Unterhalt für Pflegebedürftige: Was ist neu?
Pflege ist teuer: In Deutschland werden für stationäre Pflege bei Pflegegrad 4 rund 3350 Euro pro Monat fällig - abhängig vom Bundesland können die Beiträge stark schwanken. Doch mit den Zahlungen aus der gesetzlichen Pflegeversicherung sind längst nicht alle Pflegekosten abgedeckt. Durchschnittlich bleibt eine Differenz von 1830 Euro pro Monat, die Pflegebedürftige aus eigener Tasche bezahlen müssen.
»Können Betroffene ihren Eigenanteil nicht selbst begleichen und müsse Sozialhilfe in Anspruch nehmen, fordert der Sozialhilfeträger den Unterhalt teilweise von den Angehörigen ein«, erklärt Birger Mählmann, Pflegeexperte der IDEAL Versicherung.
Bislang existierte eine jährliche Netto-Einkommensgrenze von 21 600 Euro für Alleinstehende. Neu ab 2020: Seit diesem Jahr bittet der Staat die engsten Familienmitglieder erst dann zur Kasse, wenn sie über ein jährliches Bruttoeinkommen von über 100 000 Euro pro Person verfügen. »Diese Grenze gilt sowohl für Kinder von pflegebedürftigen Eltern als auch für die Eltern von Kindern mit Behinderung«, erläutert der Pflegeexperte. Die gesetzliche Grundlage hierfür bildet das seit Jahresbeginn geltende Angehörigen-Entlastungsgesetz. Die Mehrkosten übernehmen nun Städte und Gemeinden, wenn das Einkommen der Angehörigen 100 000 Euro pro Person nicht übersteigt.
Wie funktioniert der Unterhaltsrückgriff im Detail?
Für Angehörige von Pflegebedürftigen besteht fürs Erste kein Handlungsbedarf: Der Sozialhilfeträger geht davon aus, dass die unterhaltsverpflichtete Person kein Jahreseinkommen über 100 000 Euro bezieht. Für die Berechnung des Einkommens wird das vorhandene Vermögen nicht berücksichtigt.
Allerdings zählen neben dem Bruttogehalt auch weitere Einnahmen, beispielsweise aus Verpachtung, Vermietung oder Kapitalvermögen, zum Jahresbruttoeinkommen. Abziehbar sind unter anderem Freibeträge, Werbungskosten, Vorsorgeaufwendungen und Sonderausgaben. Bei Selbstständigen ist der Jahresgewinn maßgeblich, der sich aus den Betriebseinnahmen abzüglich der Betriebsausgaben berechnet.
Das Sozialamt kann Unterhalt nur von den Verwandten des ersten Grades zurückfordern, also im Regelfall von den Kindern eines Pflegebedürftigen. Das bedeutet: Für die Schwiegereltern muss nicht gezahlt werden. Ebenso wenig müssen Gutverdiener, die die Einkommensgrenze übersteigen, zusätzlich für Geschwister mit geringerem Gehalt aufkommen.
Private Vorsorge ist auch in Zukunft unverzichtbar
Das neue Gesetz entlastet viele normal verdienende Kinder, ändert jedoch nichts an dem bestehenden hohen Verlustrisiko im Pflegefall. Denn weiterhin wird das Einkommen und das Vermögen des Pflegebedürftigen sowie seines Partners für die Finanzierung des Eigenanteils an der Pflege herangezogen. Der aktuelle Wert für einen Platz im Pflegeheim bei Pflegegrad 4 liegt durchschnittlich bei etwa 1800 Euro. Mit einer privaten Pflegevorsorge kann sich der Pflegebedürftigen wirksam vor Verlust schützen, die Altersvorsorge des Ehegatten kann gesichert, aber auch das Erbe bewahrt werden. IDEAL/nd
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