Erfolgreich gegen Diesel-Emissionen

Laut Umwelthilfe haben Klagen in vielen Städten für sauberere Luft gesorgt - nur Bayern sträubt sich weiter

  • Rainer Balcerowiak
  • Lesedauer: 4 Min.

In vielen deutschen Innenstädten ist die Luft deutlich besser geworden - auch dank der Klagen der Deutschen Umwelthilfe. Der Verband will nun verstärkt die Dieselkonzerne in den Fokus nehmen.

Rainer Balcerowiak

Sehr erfolgreich sei die Zwischenbilanz der von der Deutschen Umwelthilfe (DUH) auf den Weg gebrachten gerichtlichen Verfahren zur Luftreinhaltung in 40 deutschen Städten, meint zumindest Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch. 31 der 40 Verfahren konnten erfolgreich mit Urteilen oder Vergleichen abgeschlossen werden, die verbleibenden neun liefen noch oder könnten durch entsprechende Zusagen der Gemeindevertreter für erledigt erklärt werden. »Wir sind zuversichtlich, bis Ende 2020 saubere Luft in allen betroffenen Städten durchgesetzt zu haben«, so Resch.

Lange Zeit hatte dieses Thema in den vergangenen Jahren im Zuge des Abgasskandals für viel Furore gesorgt, weil immer mehr Städte gerichtlich auch dazu gezwungen wurden, lokal begrenzte Fahrverbote für Diesel-Pkw zu verhängen, die die Norm der Emissionsklasse 5 nicht einhalten. Doch im Zuge der Corona-Pandemie hat das öffentliche Interesse deutlich nachgelassen, zumal Ausgangsbeschränkungen sowie massenhafte Kurzarbeit und Verlagerung der Arbeit ins Homeoffice zeitweilig zu einer deutlichen Reduzierung des Autoverkehrs in Städten und Ballungsräumen sorgten. Die Folge: stark sinkende Emissionen des Umweltgiftes Stickstoffdioxid (NO2).

Dorothee Saar, Bereichsleiterin Verkehr und Luftreinhaltung bei der DUH, reklamiert diesen Erfolg aber für den Umweltverband. Die Klagen hätten in den betroffenen Städten zu einer signifikanten Verringerung der Luftverschmutzung durch Dieselabgase geführt, wie neue Auswertungen der vom Umweltbundesamt herausgegebenen Daten des staatlichen Messnetzes zeigten. Demnach ist der NO2-Rückgang in Städten, in denen die DUH geklagt hat, von 2018 auf 2019 im Schnitt doppelt so hoch ausgefallen wie in Nicht-Klage-Städten. Auch habe der juristische und öffentliche Druck dafür gesorgt, »dass die Luftreinhaltung endlich zur Chefsache geworden ist, sowohl auf kommunaler als auch auf Landesebene«, so Saar. Nicht zuletzt zeige die Corona-Pandemie, wie wichtig die Zurückdrängung schädlicher Emissionen sei. Studien belegten eindeutig, dass Menschen mit Atemwegserkrankungen deutlich schwerere Krankheitsverläufe im Falle einer Infektion befürchten müssen.

Laut DUH-Projektleiter Robin Kulpa sei es bei den Prozessen keineswegs darum gegangen, Fahrverbote um jeden Preis durchzusetzen. Diese könnten immer nur die Ultima Ratio sein, wenn andere Maßnahmen zur Luftreinhaltung nicht zum Erfolg führten. In vielen Städten habe der Druck auch dazu geführt, dass die Verkehrswende weiter vorangetrieben wurde, etwa durch den Ausbau des ÖPNV und der Fahrradinfrastruktur, der Anschaffung von Elektrobussen oder großflächigen Tempo-30-Zonen. Dennoch seien Dieselfahrverbote in einigen Städten unumgänglich gewesen, um die Grenzwerte einhalten zu können.

Negativer Ausreißer bei dieser Entwicklung ist Bayern, wo die Landesregierung bis zum heutigen Tage sogar höchstrichterliche Urteile ignoriert, wenn es um Fahrverbote geht. Dabei wird auch die Einleitung von Zwangsvollstreckungsverfahren gegen Freistaatsvertreter in Kauf genommen - die fälligen Bußgelder zahlt schließlich der Steuerzahler. DUH-Bundesgeschäftsführer Resch geht aber davon aus, dass es noch in diesem Jahr zu einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes kommt, der die Umsetzung der Maßnahmen dann unumgänglich machen würde.

Seine Organisation sieht Resch gut aufgestellt. Alle Versuche der »Autolobby und ihrer Befehlsempfänger in der Politik«, die DUH handlungsunfähig zu machen, seien gescheitert. Das betrifft vor allem die angestrebte Aberkennung der Gemeinnützigkeit und der Klageberechtigung als Umweltverband bei Verwaltungsgerichten. Derzeit kämpft die DUH auf juristischer Ebene darum, dass eine Lücke im Verbandsklagerecht geschlossen wird, das bisher nicht bei der Neuzulassung von Pkw-Modellen anwendbar ist. Dabei hätten Untersuchungen eindeutig ergeben, dass auch neue Diesel-Typen mit der vermeintlich »sauberen« Euro-6-Norm die Grenzwerte »teilweise um das 30-fache überschreiten«. Insgesamt seien derzeit auf Deutschlands Straßen noch rund zehn Millionen »Betrugs-Diesel« unterwegs. Diese müssten auf Kosten der Hersteller nachgerüstet oder - gegen Entschädigung der Halter - so schnell wie möglich stillgelegt werden. Die coronabedingten Rückgänge der Emissionen dürften nicht darüber hinwegtäuschen, dass die allmählich zu erwartende Normalisierung des Pkw-Verkehrs wieder zu erhöhten Werten führen werde, wie bereits in München nachweisbar sei, mahnte Resch. Die DUH werde jedenfalls weiter kämpfen und lasse sich auch durch Diffamierungskampagnen bis hin zu persönlichen Bedrohungen nicht einschüchtern.

Künftig will die Umwelthilfe verstärkt gegen die »hauptsächlichen Verursacher der NO2-Belastung« vorgehen: BMW, Daimler und Volkswagen, die Millionen Dieselfahrzeuge »mit betrügerischen Abschalteinrichtungen verkauft haben«. Eine bevorstehende Grundsatzentscheidung des Europäischen Gerichtshofes über eine DUH-Klage gegen das Kraftfahrtbundesamt könnte dazu führen, dass die Dieselhersteller Millionen Besitzer von Betrugsdieseln entschädigen, die Fahrzeuge nachrüsten oder stillgelegen müssen.

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