Neue Saison, neues Konzept

Die DFL plant, die Klubs stimmen ab, die Fans wollen mitreden

  • Lesedauer: 4 Min.

Als die Corona-Pandemie im Frühjahr den Spielbetrieb auf Eis legte, arbeitete die Deutsche Fußball-Liga (DFL) unter Hochdruck an einem Hygienekonzept. Die Politik war angetan von der Strategie und segnete die Pläne zur Wiederaufnahme ab - als erste große Liga in Europa legte die Bundesliga wieder los. Einen ähnlichen Verlauf erhofft sich der Profifußball nun auch in der Debatte um die Rückkehr der Fans. Um mit einem bestmöglichen Konzept vorbereitet zu sein, werden die Vertreter der 36 Klubs an diesem Dienstag bei einer virtuellen Mitgliederversammlung deshalb Leitplanken für mögliche Spiele mit Publikum setzen. Nachdem die DFL bereits Mitte Juli einen ersten Leitfaden verschickt hatte, wird nun explizit über vier Punkte abgestimmt, die das Präsidium erarbeitet hat. Dem wird die Meinung derer entgegengesetzt, um deren Rückkehr es geht - mit dem jeweiligen Standpunkt der Fanvereinigung »Unsere Kurve«.

Keine Gästefans

Bis zum Jahresende soll ohne Gästefans gespielt werden. Standpunkt DFL: Das Präsidium ist sich »des Umstands bewusst, dass Auswärtsfahrten und der damit einhergehende (Stimmungs-)Wettstreit der Fans einen wichtigen Bestandteil der deutschen Fußballkultur ausmachen«. Auch deshalb stehen den Gästen im Normalfall mindestens zehn Prozent der Tickets der jeweils verfügbaren Stadionkapazität zu. Man dürfe allerdings nicht die Augen vor der Realität verschließen und will mit dieser Maßnahme die Reiseaktivität der Fans minimieren.

Standpunkt »Unsere Kurve«: Auswärtsfahrten besitzen für Fans einen besonderen Reiz, sie fordern deshalb eine gerechte Verteilung der Eintrittskarten. »Es darf zu keiner Ungleichbehandlung von Fans kommen, weshalb wir uns für die Zulassung von Gästefans aussprechen«, heißt es im Manifest der Organisation.

Keine Stehplätze

Mindestens bis zum 31. Oktober soll auf Stehplätze verzichtet werden. Standpunkt DFL: Auch hier stellt der Ligaverband klar, dass Stehplätze ein »wesentlicher Bestandteil« der deutschen Fankultur sind. Kurven und Tribünen tragen zur »besonderen Atmosphäre« bei. Allerdings stehen die Fans dort dicht gedrängt. »Die Einhaltung eines Abstandsgebots kann dort nicht immer und eingehalten und durchgesetzt werden«, vermutet die DFL.

Standpunkt »Unsere Kurve«: Die Fans fühlen sich durch diese Regelung extrem eingeschränkt, da sie die Unterstützung ihres Teams nicht wie gewohnt ausüben können. Es besteht die Befürchtung, dass das Spiel zu einer Art Theatervorstellung werden könnte und fordern deshalb Mitsprache. »Man muss Stehplätze nicht grundsätzlich verbieten, sondern kann eine von allen akzeptierte Möglichkeit finden, wenn man sich mit der Fanszene ernsthaft über die Begebenheiten bei einem ›Corona-Spieltag‹ austauscht«, sagte Thomas Kessen von »Unsere Kurve«.

Kein Alkohol

Ebenfalls bis mindestens zum 31. Oktober soll es keinen Alkohol in den Stadien geben. Standpunkt DFL: Nach Statutenlage dürfen alkoholische Getränke ohnehin nicht ausgeschenkt werden, die gängige Praxis erfolgt nur nach vorheriger behördlicher Einwilligung. Die DFL befürchtet, dass durch den Konsum von Alkohol möglicherweise eine Enthemmung einsetzt, die mit Blick auf die Abstands- und Hygieneregeln zu Problemen führen könnte.

Standpunkt »Unsere Kurve«: Eigentlich sollte dieser Punkt die wenigsten Probleme auslösen. Doch die Fans fühlen sich dadurch beleidigt, gemaßregelt wie ein kleines Kind. »Wenn man Gästefans, Alkohol und Stehplätze verbieten will, zeugt das von einem grundsätzlichen Misstrauen gegenüber Fußballfans«, monierte Kessen.

Infektionsnachverfolgung

Standpunkt DFL: Die Klubs müssen sicherstellen, dass im Falle einer Ansteckung die Identität und die Kontaktdaten aller Zuschauer, die sich im Stadion aufgehalten haben, ermittelt werden können. Der Nachverfolgung von Infektionswegen gilt »ein besonderes Augenmerk«.

Standpunkt »Unsere Kurve«: Bei diesem heiklen Thema fordern die Fans, dass der Datenschutz gewährleistet wird und es nicht zu einer verdeckten Überwachung kommt. »Vereine und Verbände müssen sicherstellen, dass keine Weitergabe von erfassten Daten an die Sicherheitsbehörden erfolgt.« Und: »Neue Technologien der Überwachung dürfen nicht durch die Hintertür des Gesundheitsschutzes eingeführt werden.« SID/nd

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.
- Anzeige -

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.