Randale: Keine Entschädigung

Fluggastrechte

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Unter bestimmten Voraussetzungen könne das störende Verhalten eines Fluggastes einen »außergewöhnlichen Umstand« darstellen, entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH) am 11. Juni 2020 (Az. C-74/19).

Hintergrund ist ein Fall in Portugal, bei dem ein Passagier wegen großer Verspätung Entschädigung einer Airline fordert. Die Verspätung beim Flug des Klägers war darauf zurückzuführen, dass die Maschine auf dem unmittelbar vorangegangen Flug zwischenlanden musste, um einen randalierenden Fluggast von Bord zu bringen.

Die portugiesische Airline TAP gab an, dass er einen anderen Passagier gebissen und das Flugpersonal angegriffen habe. Hier handele es sich um »außergewöhnliche Umstände«, für die keine Entschädigungspflicht bestehe.

Der zuständige Generalanwalt vertrat in dem Verfahren die Ansicht, dass ein solcher Vorfall eine Fluglinie grundsätzlich von einer Entschädigungspflicht befreien könne. Die Richter sind an die Gutachten der Generalanwälte nicht gebunden, folgen ihnen aber in vielen Fällen. Sie unterstützen diese Argumentation, betonten jedoch, dies gelte nicht, wenn die Airline selbst zum Verhalten des Fluggastes beigetragen oder es vor dem Boarding Anzeichen dafür gegeben habe. Sie muss alle Mittel einsetzen, um eine Beförderung zu ermöglichen. AFP/nd

Anspruch auf nächstmöglichen Ersatzflug

Ein Ehepaar hatte für sich und die Kinder einen Flug von Hamburg nach Stuttgart gebucht. Das Flugzeug sollte um 11 Uhr in Hamburg starten und um 12.15 Uhr in Stuttgart landen. Einige Wochen vorher teilte die Fluggesellschaft mit, sie müsse den Flug annullieren. Sie könne aber am gleichen Tag einen Ersatzflug um 17.35 Uhr anbieten.

Der Ersatzflug komme viel zu spät an. Das sei für ihre kleinen Kinder unzumutbar, reklamierte der Kunde. Laut EU-Fluggastrechteverordnung hätten Fluggäste Anspruch auf einen Ersatzflug zum frühestmöglichen Zeitpunkt, wenn der ursprüngliche Flug annulliert werde. Die Eheleute forderten von der Fluggesellschaft, einen Ersatzflug bei einem anderen Flugunternehmen zu buchen. Das lehnte die Fluggesellschaft ab.

Die Klage des Kunden beim Landgericht Düsseldorf (Az. 22 S 244/19) war erfolgreich. Werde ein Flug annulliert, könnten die Kunden zwischen Erstattung der Ticketkosten oder einem Ersatzflug zur gewünschten Zeit wählen. Die Fluggesellschaft sei verpflichtet, dafür zu sorgen, dass die Familie mit so geringer Verspätung wie möglich am Ziel ankomme. Das könne unter Umständen auch die Pflicht umfassen, die Dienste einer fremden Airline in Anspruch zu nehmen. OnlineUrteile.de

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