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Der Clou der Toningenieure
Die belarussische Opposition mobilisiert trotz Einschränkungen vor den Wahlen
Kurz vor der Präsidentschaftswahl am 9. August will der belarussische Staatschef Alexander Lukaschenko offenbar nichts riskieren: Am Donnerstag wurde eine große Kundgebung der Opposition in Minsk verboten. Vergangene Woche hatte die Lukaschenko-Gegnerin Swetlana Tichanowskaja bei landesweiten Kundgebungen Zehntausende mobilisieren können.
Die am Donnerstag geplante Demonstration hätte im Minsker Park der Völkerfreundschaft stattfinden sollen. Doch die Machthaber organisierten genau am gleichen Ort blitzschnell Feierlichkeiten zum Tag der Eisenbahntruppen. Erst plante die Opposition, trotzdem eine Versammlung zu organisieren, doch das war nicht möglich. Schließlich gingen einige Tausende Demonstranten zu einem nahgelegenen Konzert, wo sie um 19 Uhr eine Überraschung erwartete: Denn unerwartet wurde das Lied »Peremen« (»Ich will Veränderungen«), die Hymne der Perestrojka der sowjetischen Rockband Kino, gespielt. Die plötzliche Änderung des Musikprogramms wurde von den Menschen mit Begeisterung aufgenommen. Und obwohl Tichanowskaja zusammen mit ihren Mitstreiterinnen nicht zur Veranstaltung gelassen wurde, gehörte dies zu den bemerkenswertesten Episoden des Wahlkampfs. »Das war unsere bewusste Entscheidung. Wir wissen, dass wir morgen entlassen werden«, meinten die beiden jungen Toningenieure, die für das geänderte Musikprogramm verantwortlich waren.
Auch am 8. August, am Tag vor den Wahlen, will die Regierung Aktionen der Opposition verhindern. Ein von staatlichen Stellen geplantes Großkonzert in Minsk wurde jedoch inzwischen abgesagt, nachdem viele der postsowjetischen und internationalen Künstler ihre Einladung abgelehnt hatten. Vor allem Stars aus Russland und der Ukraine standen unter hohem öffentlichem Druck, nachdem sie in sozialen Medien mit Kritik für ihre geplante Teilnahem überschüttet wurden.
Derweil deutet die bereits jetzt schon hohe Wahlbeteiligung darauf hin, dass in diesem Jahr alle Rekorde gebrochen werden. Wählen kann man ab dem 4. August, wenn man am eigentlichen Wahltag keine Zeit hat. In den ersten drei Tagen haben laut der Wahlkommission 22,47 Prozent der Wahlberechtigten ihre Stimme abgegeben, bei den letzten Wahlen waren es zu diesem Zeitpunkt 18,67 Prozent. Diese vorgezogenen Wahlen gelten als eine der prominentesten Manipulationsmöglichkeiten. »Wir gehen davon aus, dass bei mindestens Dutzenden von Wahllokalen im ganzen Land die Protokolldaten nichts mit der Realität zu tun haben«, sagen die Beobachter der öffentlichen Plattform »Ehrliche Menschen«. Zum ersten Mal wird die Präsidentschaftswahl in Belarus nicht von der OSZE beobachtet, weil diese nicht rechtzeitig eingeladen wurde. Auch berichten mehrere ausländische Journalisten, dass sie keine Akkreditierung bekommen konnten, obwohl sie diese rechtzeitig beantragt haben. Deswegen ruft die Opposition ihre Anhänger dazu auf, nur am eigentlichen Wahltag am Sonntag das Wahllokal zu besuchen. Ob das im Kampf gegen Lukaschenko hilft, ist ungewiss. Denis Trubetskoy
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