Wo man singt, da lass dich ruhig nieder

Berliner Chöre dürfen wieder in geschlossenen Räumen proben und auftreten, das hat der Kultursenat beschlossen

  • Rainer Rutz
  • Lesedauer: 3 Min.

Das Warten der Berliner Chöre hat ein Ende: In geschlossenen Räumen darf wieder gesungen werden. Wie die Senatskulturverwaltung und der Landesmusikrat Berlin am Montag mitteilten, liegt die aktualisierte Fassung des entsprechenden Hygienerahmenkonzepts nun vor. Das Konzept musste unter anderem von der Gesundheitsverwaltung genehmigt werden. Es sieht unter anderem einen Mindestabstand von zwei Metern zwischen den Singenden in alle Richtungen vor und macht genaue Vorgaben zur Raumbelüftung. Bei Auftritten vor Publikum soll bis zum Einnehmen der Plätze ein Mundschutz getragen werden. Der Abstand zum Publikum soll mindestens vier Meter betragen.

Berlins Kultursenator Klaus Lederer (Linke) sieht mit den nun getroffenen Schutzmaßnahmen »eine vernünftige Ausgewogenheit von Risikominimierung bei der möglichen Ansteckung mit dem Coronavirus und dem Bedürfnis, in Kirchen und Chören endlich wieder gemeinsam zu singen«, garantiert.

Fünf Monate Corona-Pause

Proben und Auftritte in geschlossenen Räumen waren coronabedingt insgesamt fünf Monate verboten. Seit Ende Juni durften Berliner Chöre zwar de facto wieder singen - allerdings nur im Freien, wovon viele Chöre auch Gebrauch machten (»nd« berichtete). Wiederholt hatte Lederer in diesem Zusammenhang auf die »als gesichert geltende besondere Risikosituation durch Aerosolverbreitung der Virenlast« verwiesen, »die beim Gesang besonders hoch ist«.

Auch im jetzt veröffentlichten Hygienerahmenkonzept heißt es: »Eine Ansteckung über Aerosole bleibt jedoch ein schwer einzuschätzendes Risiko - sowohl für die Sänger*innen als auch für das Publikum, das auch durch die Einhaltung mehrerer Maßnahmen (Abstandsregeln, maschinelle Lüftung, Begrenzung der Probenzeit) allenfalls reduziert werden kann.« Lederer selbst mahnte am Montag, dass es darauf ankomme, »die Regelungen im Interesse von Sänger*innen und Publikum verantwortungsvoll und gewissenhaft zu berücksichtigen«. Nur so sei »das Kulturerlebnis ›gemeinsames Singen‹ auch dauerhaft wieder Kunstgenuss«.

Mehr Kulanz für Freiluftkultur

Was nun wiederum Auftrittsmöglichkeiten im Freien angeht, so forderte der Kultursenator zugleich mehr Kulanz seitens der Behörden, um der seit dem Corona-Lockdown darbenden Kulturszene stärker unter die Arme zu greifen. Die Krise zwinge alle Beteiligten, noch einmal intensiver darüber nachzudenken, »wie wir unter freiem Himmel Aktivitäten ermöglichen, die in geschlossenen Räumen derzeit nicht gehen«, sagte der Linke-Politiker am Wochenende der »Berliner Morgenpost«. Das betreffe »nicht nur Clubs, sondern auch bildende Künste, Theater oder Straßenmusik«.

Bei vielen Ordnungsämtern, aber auch in einem landeseigenen Betrieb wie Grün Berlin, werde viel zu sehr »Business as usual« betrieben, kritisierte Lederer. Mit Blick auf den Emissionsschutz oder das Grünflächenrecht würden die Behörden »sehr rigoros« einschreiten und Auftritte unterbinden. »Dafür fehlt mir schlicht das Verständnis«, so der Senator. »Gerade in der Pandemie-Situation muss man kulanter sein. Mit der Außengastronomie sind das die Ämter ja auch.«

Auf die Frage, ob es so etwas wie ein Recht auf kulturelle Nutzung des öffentlichen Raumes geben sollte, antworte Lederer: »Absolut.« Er gehe davon aus, dass Aktivitäten wie »unverstärkte« Musik an belebten Orten geduldet werden können. »Das kann, das darf, kein Problem sein.« Gerade das Tempelhofer Feld biete große Möglichkeiten für kleinere Musik- oder Theateraufführungen. »Es kommt aber immer darauf an, an wen man gerät und ob das Menschen sind, die ein Verständnis, ein Herz und ein Gefühl dafür haben, was die DNA Berlins ausmacht, und Dinge ermöglichen wollen.« Mit Agenturen

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