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BGH tadelt Banken wegen zu hoher Gebühren

Fragen & Antworten zum Basiskonto

  • Anja Semmelroch
  • Lesedauer: 3 Min.

Jeder, egal wie arm oder reich, hat Anspruch auf ein eigenes Girokonto, die Bank darf keinen Kunden abweisen. Seit 2016 gibt es in Deutschland das sogenannte Basiskonto. Aber bei der Deutschen Bank kostet die Kontoführung bisher 8,99 Euro im Monat. Das war für den Bundesgerichtshof mit Urteil vom 30. Juni 2020 ( Az. XI ZR 119/19) Grund genug einzuschreiten. Verbraucherschützer sehen nach dem aktuellen BGH-Urteil trotzdem noch Handlungsbedarf.

Ein Basiskonto - was ist das?

Menschen ohne geregeltes Einkommen haben Schwierigkeiten, ein normales Konto zu eröffnen. Doch ohne Konto ist es schwer, eine Wohnung oder eine Arbeitsstelle zu finden. Das Basiskonto soll auch Sozialhilfeempfängern, Obdachlosen oder Geflüchteten offenstehen. Sie können darüber alle grundlegenden Bankgeschäfte abwickeln: Geld einzahlen und abheben, Überweisungen veranlassen oder mit Karte bezahlen.

Das Besondere ist, dass die Bank den Antrag auf Eröffnung nur in sehr wenigen Ausnahmefällen ablehnen darf. Der Kunde muss keinen Wohnsitz angemeldet haben. Es reicht, wenn er eine Kontaktadresse angibt, etwa von Angehörigen, Freunden oder einer Beratungsstelle.

Darf die Bank sich das Konto bezahlen lassen?

Das darf sie. Das Basiskonto muss nicht kostenlos sein. Im Gesetz steht nur, dass das Entgelt für die Dienste »angemessen« sein muss. Für die Beurteilung der Angemessenheit sind insbesondere die marktüblichen Entgelte sowie das Nutzerverhalten zu berücksichtigen. Das bedeutet, dass im Zweifelsfall die Gerichte entscheiden müssen.

Auch die Finanzaufsicht Bafin kann Banken anweisen, unangemessen hohe Gebühren zu senken. Die Verbraucherzentralen befürchten, dass Menschen, denen eigentlich ein Basiskonto zusteht, es sich am Ende schlicht nicht leisten können.

Wie viel verlangen Banken?

Das ist sehr unterschiedlich. Die Stiftung Warentest hat aber festgestellt, dass die Basiskonten seit einer ersten Untersuchung 2017 unterm Strich teurer geworden sind. Zum Stichtag 1. Oktober 2019 boten von 124 untersuchten Banken nur zwei das Basiskonto gratis an. Bei den teuersten Banken musste der Kunde in der Modellrechnung mehr als 200 Euro im Jahr für das Konto und seine Transaktionen bezahlen. Die Deutsche Bank, um die es jetzt beim BGH ging, ist also kein Einzelfall. Dort fielen bisher zum Monatspreis von 8,99 Euro noch Extrakosten an, wenn der Kunde die Hilfe eines Mitarbeiters benötigt - zum Beispiel pro Überweisung 1,50 Euro zusätzlich.

Wie rechtfertigen die Banken diese Preise?

Die Deutsche Bank hat im Prozess vorgerechnet, dass die Kontogebühr ziemlich genau den eigenen Kosten entspreche. Nach Darstellung des Geldhauses sind die Formalitäten bei der Eröffnung des Kontos und der Umgang mit der speziellen Kundengruppe mit überdurchschnittlich viel Aufwand verbunden. Außerdem gebe es höhere Risiken: Beim Basiskonto müssten die Mitarbeiter ganz besonders darauf achten, dass es nicht zur Geldwäsche oder Terrorfinanzierung missbraucht werde.

Was hat der BGH jetzt entschieden?

Die Deutsche Bank muss den Preis für ihr Basiskonto senken - die Klauseln benachteiligten betroffene Kunden unangemessen. Wer auf eine konkrete Zahl aus Karlsruhe gehofft hatte, wird allerdings enttäuscht. Die Richter stellen lediglich klar, dass Banken den Mehraufwand für die Führung der Basiskonten nicht allein deren Inhabern aufbrummen dürfen. Er muss also über das gesamte Kundengeschäft gegenfinanziert werden. Die Deutsche Bank will die Vorgaben »selbstverständlich umgehend umsetzen«. Wie viele Konten betroffen sind, ließ sie offen.

Was bedeutet das aktuelle Urteil für Verbraucher?

Bei einigen Banken dürfte das Basiskonto billiger werden. Denn die Urteile des Bundesgerichtshofs in Karlsruhe haben Grundsatzcharakter. Also müssen auch andere Geldhäuser, die wie die Deutsche Bank kalkuliert haben, ihre derzeitigen Preise überarbeiten. Tun sie das nicht aus freien Stücken, würde im Zweifel aber wohl nur eine Klage helfen. Die Verbraucherzentrale Bundesverband, die das Urteil erstritten hat, fordert deshalb eine Nachbesserung im Gesetz. dpa/nd

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