Verfall des Urlaubs bei einer länger währenden Krankheit

Urlaubsrecht

  • Lesedauer: 3 Min.

Ob und unter welchen Voraussetzungen kann der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub einer im Verlauf des Urlaubsjahres arbeitsunfähig erkrankten Arbeitnehmerin bei seither ununterbrochen fortbestehender Arbeitsunfähigkeit 15 Monate nach Ablauf des Urlaubsjahres oder gegebenenfalls zu einem späteren Zeitpunkt verfallen? Zur Klärung dieser Frage hat der Neunte Senat des Bundesar- beitsgerichts ein Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der EU (EuGH) gerichtet.

Der Sachverhalt: Die bei der Beklagten beschäftigte Klägerin ist seit ihrer Erkrankung im Verlauf des Jahres 2017 durchgehend arbeitsunfähig. Von ihrem Urlaub für das Jahr 2017 nahm sie 14 Urlaubstage nicht in Anspruch. Die Beklagte hatte die Klägerin weder aufgefordert, ihren Urlaub zu nehmen, noch darauf hingewiesen, dass nicht beantragter Urlaub mit Ablauf des Kalenderjahres oder Übertragungszeitraums verfallen kann.

Klage auf Urlaubsanspruch bei einer Langzeiterkrankung

Mit der Klage begehrt die Klägerin festzustellen, dass ihr die restlichen 14 Urlaubstage aus dem Kalenderjahr 2017 weiterhin zustehen. Sie hat die Auffassung vertreten, der Urlaub sei nicht verfallen, weil die Beklagte es unterlassen habe, sie rechtzeitig auf den drohenden Verfall hinzuweisen. Die Beklagte hat geltend gemacht, der Urlaubsanspruch aus dem Jahr 2017 sei spätestens mit Ablauf des 31. März 2019 erloschen.

EuGH soll die Frage nach dem Verfall des Urlaubs klären

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Für die Entscheidung, ob der Urlaub der Klägerin aus dem Jahr 2017 am 31. März 2019 oder gegebenenfalls zu einem späteren Zeitpunkt verfallen ist, kommt es für das BAG auf die Auslegung von Unionsrecht an, die dem EuGH vorbehalten ist. Nach § 7 Abs. 3 BUrlG muss Urlaub im laufenden Kalenderjahr gewährt und genommen werden. Eine Übertragung des Urlaubs auf die ersten drei Monate des folgenden Kalenderjahres ist nur statthaft, wenn dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe dies rechtfertigen. Diese Bestimmung hat das Bundesarbeitsgericht verschiedentlich unionsrechtskonform ausgelegt.

Bisherige EuGH-Rechtsprechung geht von der Hinweispflicht des Arbeitgebers aus

Im Anschluss an die Entscheidung des EuGH vom 6. November 2018 (Az. C-684/16, Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften)) zu Art. 7 RL 2003/88/EG (Arbeitszeitrichtlinie) sowie zu Art. 31 Abs. 2 der Charta der Grundrechte der EU hat das BAG erkannt, dass der Anspruch auf den gesetzlichen Mindesturlaub grundsätzlich nur dann nach § 7 Abs. 3 BUrlG am Ende des Kalenderjahres oder eines zulässigen Übertragungszeitraums erlischt, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zuvor konkret aufgefordert hat, seinen Urlaub rechtzeitig im Urlaubsjahr zu nehmen, und ihn darauf hingewiesen hat, dass dieser andernfalls verfallen kann, und der Arbeitnehmer den Urlaub dennoch aus freien Stücken nicht genommen hat.

Gesetzliche Urlaubsansprüche bei fortdauernder Arbeitsunfähigkeit erlöschen 15 Monate nach Ende des Urlaubsjahres

Für den Fall, dass der Arbeitnehmer im Urlaubsjahr aus gesundheitlichen Gründen an seiner Arbeitsleistung gehindert war, sei § 7 Abs. 3 BUrlG nach Maßgabe der Entscheidung des EuGH vom 22. November 2011 (Az. C-214/10, KHS) außerdem dahin, dass gesetzliche Urlaubsansprüche bei fortdauernder Arbeitsunfähigkeit 15 Monate nach dem Ende des Urlaubsjahres erlöschen.

Gilt die 15-Monatsfrist auch bei unterlassener Mitwirkung des Arbeitgebers?

Für die Entscheidung des Rechtstreits bedarf es nunmehr einer Klärung durch den Gerichtshof der Europäischen Union, ob das Unionsrecht den Verfall des Urlaubsanspruchs nach Ablauf dieser 15-Monatsfrist oder gegebenenfalls einer längeren Frist auch dann gestattet, wenn der Arbeitgeber im Urlaubsjahr seine Mitwirkungsobliegenheiten nicht erfüllt hat, obwohl der Arbeitnehmer den Urlaub bis zum Eintritt der Arbeitsunfähigkeit zumindest teilweise hätte nehmen können. kostenlose-urteile.de/nd

BAG-Urteil vom 7. Juli 2020, Az. 9 AZR 401/19, Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Hamm mit Urteil vom 24. Juli 2019, Az. 5 sa 676/19.

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