Azubi-Suche mit platten Sprüchen

Der Berliner Bauwirtschaft ist eigentlich guter Dinge, wäre da nicht der Nachwuchsmangel

  • Rainer Balcerowiak
  • Lesedauer: 2 Min.

Schon seit Jahren klagt das Bauhauptgewerbe über den zunehmenden Mangel an Fachkräften in der Branche. Und mindestens ebenso lange gelingt es nicht, die Schere zwischen Abgängen in den Ruhestand und ausgelernten Gesellen zu schließen. Einen weiteren Rückgang bei der Auszubildendenzahl könne man kaum noch verkraften, sagt denn auch Gerrit Witschaß, Geschäftsführerin des Berufsförderungswerks der Fachgemeinschaft Bau Berlin und Brandenburg.

Dabei habe die Branche ihren Azubis einiges zu bieten. Die Ausbildungsvergütungen würden zu den höchsten quer durch durch alle Berufe gehören. Intensive schulische Förderung und Unterstützung bei persönlichen Problemlagen, etwa bei der Wohnungssuche, würden in Berlin zum Standard gehören, so Witschaß. Generell seien die Berufsperspektiven in der Branche ausgesprochen gut. Zwar habe auch das Bauhauptgewerbe coronabedingt in einigen Sparten Rückgänge zu verzeichnen. Doch angesichts der zahlreichen Infrastruktur- und Neubauaktivitäten sei die Auftragslage in Berlin auch längerfristig gesichert, kein Facharbeiter müsse sich Sorgen um seinen Job machen.

Witschaß erklärt den Azubimangel zum einen mit dem diesjährigen Ausfall der üblichen Aktivitäten zur Gewinnung von Nachwuchskräften, etwa Schulveranstaltungen oder Jobmessen. Zum anderen sei er einem »Imageproblem« geschuldet. In der Schule würden zu wenig Kenntnisse über handwerkliche Berufe vermittelt. Zudem genieße die mitunter körperlich anstrengende Arbeit keine hohe Wertschätzung.

Christian Stephan, Berliner Bezirksvorsitzender der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU), teilt diese Einschätzung. Berufe, »bei denen man sich auch mal bei Wind und Wetter die Hände schmutzig macht, sind einfach nicht mehr so gefragt bei den Jugendlichen«, sagt Stephan zu »nd«. Natürlich müssten auch einige Betriebe ihre Hausaufgaben machen, um ein attraktives Arbeitsumfeld für die umworbenen Azubis zu schaffen. Politik, Schulen, Gewerkschaften und Arbeitgeber »müssen da an einem Strang ziehen, sonst bekommt die Bauwirtschaft nicht nur in Berlin ein Riesenproblem«.

Quasi in letzter Sekunde will man jetzt noch mal gemeinsam auf die Tube drücken. Auf diversen Onlinekanälen und großen Plakatwänden präsentiert sich die Kampagne »Anpacken.Machen« mit, nun ja, vermutlich flott gemeinten Sprüchen á la »Baggern ohne Tinder«. Unterstützt wird die PR-Aktion unter anderem vom Berliner Senat und der IG BAU. Laut Witschaß ist man in den Betrieben und auch beim Berufsförderungswerk, das einen eigenen überbetrieblichen Lehrbauhof unterhält, darauf eingestellt, auch noch bis Ende Oktober Einstellungen für das laufende Ausbildungsjahr vorzunehmen. Wenn denn Bewerber kommen.

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