Grüne, nur viel besser?

Eine neue Klimapartei will erstmals bei Berliner Wahlen antreten

  • Peter Nowak
  • Lesedauer: 3 Min.

Man könnte denken, dass es sich um eine über 30 Jahre alte Meldung handelt: «Klimaaktivist*innen wollen eine eigene grüne Partei gründen.» Damals hatten Umweltaktivist*innen in der BRD Grüne Listen gegründet, die sich dann in einem wechselvollen Prozess zur Partei Die GRÜNEN entwickelten. Heute wird dieser Partei sogar zugetraut, die Kanzler*in zu stellen. Zudem regiert sie in acht Landesregierungen mit, in Baden-Württemberg stellt sie mit Winfried Kretschmann sogar den Ministerpräsidenten. Dabei betonen die Politiker*innen der GRÜNEN immer, wie pragmatisch sie geworden sind. «Radikal sein, ist nicht ihr Ding», schrieb die Wochenzeitung «Die Zeit» in einem Porträt über die Hamburger GRÜNEN-Politikerin Kathrin Fegebank.

Nun gründen Klimaaktivist*innen eine Partei mit dem Namen «Radikal: Klima» (im Original in Kleinbuchstaben), die sich bei den Wahlen zum Abgeordnetenhaus in Berlin im nächsten Jahr das erste Mal als politische Alternative präsentieren will. «Radikal: Klima wird Berlin innerhalb von 10 Jahren auf sozial-gerechte Weise klimapositiv machen. Das heißt, die Stadt wird konform mit dem wichtigen 1,5-Grad-Limit von Paris», nennt Moritz Ellenberg vom Vorstand der jungen Partei gegenüber «nd.Der Tag» die Zielvorgabe.

Ihr Abschneiden bei der Wahl in Berlin dürfte bundesweit beachtet werden. Sollte die Partei Erfolg haben, könnte sie schnell Nachahmer*innen in anderen Bundesländern finden. Schließlich gibt es auch dort Überlegungen unter Aktivist*innen der neuen Umweltbewegung, sich auch parlamentarisch zu betätigen. «Es bedarf radikal neuer Ideen und weitsichtiger Planung, um uns in der notwendigen Zeitspanne von zehn Jahren klimaneutral zu machen. Das bietet in Berlin nur ›Radikal: Klima an‹, preist Ellenberg die neue Partei als Problemlöser. Die gesamte Energieversorgung müsse sich aus 100 Prozent erneuerbaren Quellen decken, fossil betriebene Motoren sollen sowohl aus den Autos wie auch den Flugzeugen verschwinden. Der Gebäudebestand soll warmmietenneutral saniert werden.

Die Forderungen sind laut Ellenberg Ausdruck einer Politik auf Basis wissenschaftlich fundierter Fakten, die alternativlos und nicht verhandelbar seien. Den Grünen wirft Ellenberg vor, sie seien »von Lobbying und Berufspolitiker*innen durchsetzt« und hätten »jede Agilität und Radikalität verloren«. Diese Kritik haben in den letzten Jahrzehnten viele auch langjährige Mitglieder an der Grünen-Partei geübt. Mit der Ökologischen Linken hatten Jutta Ditfurth und andere langjährige Grüne vom linken Flügel schon 1991 eine eigene Partei gegründet. Doch auch damit hat »Radikal: Klima« wenig gemein. Die neue Partei betont, dass beim Klimathema die Kategorien »rechts« und »links« keine Bedeutung haben sollen. Das erinnert an den Leitspruch der frühen Grünen, der lautete: »Wir sind nicht rechts wir sind nicht links - wir sind vorn«. Genau dagegen haben Jutta Ditfurth oder Thomas Ebermann argumentiert.

»Bei ›Radikal: Klima‹ finde ich weder Staats- noch Kapitalismuskritik. Daher ist sie für mich gerade keine radikale Alternative zu den Grünen«, sagt Tatjana Klein, die im Umweltbündnis Ende Gelände aktiv ist. Ein anderer Klimaaktivist will zunächst beobachten, wie sich die Partei zu Fragen der Migration positioniert, bevor er sich ein Urteil bildet. »Wenn wir die Klimakrise nicht konsequent angehen und versuchen das Schlimmste zu verhindern, werden sich soziale Ungerechtigkeit und Migration noch um ein Vielfaches verstärken«, erklärt Ellenberg auf die Frage. Viele antirassistische Gruppen lehnen hingegen eine solche Zusammenführung von Migrations- und Klimafrage ab, weil sie der unterschiedlichen Motivation Geflüchteter nicht gerecht werde.

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