Testen, testen, testen - aber wie genau?
Fragen & Antworten
Frühe Tests auf breiter Front, um dem Virus über Ketten infizierter Menschen hinweg möglichst auf der Spur zu bleiben - das ist der Kernpunkt der Corona-Strategie. Eine neue Verordnung ermöglicht inzwischen bundesweit deutlich mehr Tests auf Kassenkosten auch ohne Krankheitsanzeichen - besonders in Kliniken, Pflegeheimen, Schulen und Kitas.
Welches Testkonzept verfolgt Bayern genau?
Im Kern fußt der Plan auf einer Vereinbarung mit der Kassenärztlichen Vereinigung zum 1. Juli. Sie sieht vor, dass sich auch alle ohne Symptome bei Praxisärzten testen lassen können. Daneben sollen freiwillige Tests in Einrichtungen mit gefährdeten Personen in Pflege- und Altenheimen sowie Kliniken ausgebaut werden.
Wie können solche Massentests funktionieren?
Mit einer Laborkapazität von 21 000 Tests am Tag werden sich die 13 Millionen Menschen in Bayern natürlich nicht sofort testen lassen können. Zu Spitzenzeiten in den vergangenen Monaten lag die Zahl der Tests bei rund 18 000 pro Tag. Wer Symptome hat, soll künftig innerhalb eines Tages getestet und binnen weiterer 24 Stunden sein Ergebnis erhalten. Ohne Symptome dauert es etwas länger: ein Test in 48 Stunden und ein Ergebnis in einer Woche.
Was halten Wissenschaftler von Tests für jedermann?
Jonas Schmidt-Chanasit vom Bernhard-Nocht-Institut in Hamburg sieht die Möglichkeit, so ein Frühwarnsystem zu schaffen. Insofern machten auch Tests in Dörfern Sinn, in denen es seit Wochen keine Infektionen gab. Max Geraedts von der Uni Marburg hält es dagegen für wichtiger, diejenigen, die mit Risikogruppen etwa in Pflegeheimen, Krankenhäusern, Arztpraxen zu tun haben, regelmäßig zu testen und die Tests schnell auszuwerten.
Welche Risiken sehen die Forscher beim Bayern-Konzept?
Selbst gute Tests hätten laut Geraedts in rund einem Prozent der Getesteten ein positives Ergebnis, obwohl keine Infektion vorliege. Dadurch könnten viele in Quarantäne gehen, die eigentlich gesund sind. Zudem könnten sich einige Getestete auch in falscher Sicherheit wiegen, gibt Hans-Georg Kräusslich von der Uni Heidelberg zu bedenken: »Negativ getestete Menschen sind nur zum Zeitpunkt des Tests negativ, den Status von einer Woche zuvor oder danach kann der Test nicht erkennen.« Deswegen seien Tests bei speziellen Personen sinnvoll.
Wie ist die bundesweite Linie?
»Testen, testen, testen, aber gezielt«, sagt der Bundesgesundheitsminister. Denn einfach nur viel zu testen, klinge gut, sei aber ohne systematisches Vorgehen nicht zielführend. Konkret sollen vor allem Corona-Brennpunkte ins Visier rücken - also grundsätzlich alle, die in Kliniken aufgenommen werden. Gesundheitsämter und Ärzte können auch in weiteren Fällen Tests ohne Symptome veranlassen, wenn die neue Corona-App sich meldet. Das gilt auch für Einrichtungen wie Pflegeheime, Schulen und Kitas, wenn es dort einen Corona-Fall gab.
Wie sieht es mit den Kapazitäten aus?
Sie sind im Laufe der Pandemie stark hochgefahren worden. Spielraum ist also da. Mitte Juni waren es laut Berufsverband Akkreditierte Labore in der Medizin 335 000 Tests in einer Woche, aktuell möglich wären 910 000. Der Anteil positiver Tests stieg dabei wieder auf 1,4 Prozent. Für Ärger sorgt bei den Labors, dass als Vergütung inzwischen nur noch 39,40 Euro statt mehr als 50 Euro pro Test gezahlt wird. dpa/nd
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