Wie Steuerzahler ein Luxushotel mitbauen

Wieder einmal musste sich die Justiz mit Fördermitteln für die »Yachthafen-Residenz« in Warnemünde befassen

  • Hagen Jung
  • Lesedauer: 3 Min.

»Rostock im Olympiafieber«, so hatte die Hansestadt vor 16 Jahren trompetet, und alle Interessierten eingeladen, am 18. Mai 2004 gemeinsam im Stadthafen eine Nachricht aus dem schweizerischen Lausanne zu erwarten: die Mitteilung des Internationalen Olympischen Komitees (IOC), in welcher Stadt 2012 die Sommerspiele stattfinden. Für Deutschland hatte sich Leipzig beworben - und Rostock als Ausrichterin der Segelregatten. Sofern es den Zuschlag bekomme, gebe es für die ersten 777 im Hafen Mitfeiernden Freibier und Freibratwurst, lockte die Stadt. Beides brauchte sie nicht zu spendieren, der Olympiadetraum platzte jäh, als die Kunde kam: Erwählt ist London. Enttäuschung pur in der Hansestadt. Hatte sie doch kräftig getrommelt, auch mit einem Fünf-Sterne-Hotel, das nicht zuletzt mit Blick auf die erhofften Spiele in Rostock-Warnemünde entstand und jüngst wieder einmal Gegenstand einer Gerichtsverhandlung war: im Strafprozess gegen Mecklenburg-Vorpommerns ehemaligen Wirtschaftsminister Otto Ebnet (SPD).

Das Landgericht Schwerin hatte ihn am Freitag vom Vorwurf der Untreue und Beihilfe zum Subventionsbetrug freigesprochen. Um 47,5 Millionen Euro aus dem Steuertopf ging es. Damit habe das von Ebnet geführte Ministerium von 2003 bis 2006 den 2002 konzipierten Bau des Luxushotels »Yachthafen-Residenz Hohe Düne« in Warnemünde unrechtmäßig gefördert, meinte die Staatsanwaltschaft. Der Investor, der Norweger Per Harald Løkkevik, habe den Hotelkomplex auf dem Papier illegal in zwei Projekte geteilt, um eine höhere Förderung zu bekommen. Durch dieses Aufsplitten sei die staatliche Subvention auf fast 50 Prozent der Gesamtkosten von über 100 Millionen Euro gestiegen, während für ein einziges Hotel nur 35 Prozent der Investition hätten gewährt werden dürfen. Eine Ansicht, die das Landgericht Schwerin nicht teilte. Es begründete seinen Freispruch für Ebnet und zwei Mitangeklagte auch mit Aussagen von Zeugen und Sachverständigen, die belegen: Sehr wohl bestehe die Yachthafen-Residenz, so wie es Løkkevik angegeben hatte, aus zwei verschiedenen Betriebsteilen. Sie liefen unabhängig voneinander - technisch, personell und geschäftlich. Deshalb sei weder dem Ex-Minister noch den anderen Männern auf der Anklagebank eine strafbare Handlung vorzuwerfen, so die Richter.

Trotz der IOC-Absage an Rostock war die Fünf-Sterne-Herberge weitergebaut worden, einschließlich einer 750 Liegeplätze umfassenden »Marina«, eines besonders für die Sportschifffahrt ausgelegten Hafens. Am 30. September 2005 wurde das 345 Zimmer und 23 Suiten bietende Hotel eröffnet. Sechs Jahre später geriet es ins Visier der Staatsanwaltschaft. Sie witterte Subventionsbetrug, ließ Investor Løkkevik auf Lanzarote festnehmen. In Deutschland kam er in U-Haft, saß dort zehn Monate lang. Inzwischen war die großzügige Förderung des Hotelbaus zum Politikum gediehen, auf Antrag der Linksfraktion befasste sich der Wirtschaftsausschuss des Landtags damit, kritische Fragen wurden laut.

Die juristische Aufarbeitung der Sache indes zog sich in die Länge. Die Staatsanwaltschaft erhob 2013 Anklage gegen Otto Ebnet sowie den Chef eines Geldinstituts und den damaligen Leiter des Landesförderinstituts. Das Landgericht Rostock jedoch lehnte es ab, einen Prozess zu starten. Bei den drei Männern seien keine strafbaren Handlungen zu erkennen, entschieden die Richter 2015. Doch die Staatsanwaltschaft beharrte auf Bestrafung und legte beim Oberlandesgericht Beschwerde ein - mit Erfolg. Die höhere Instanz verfügte im Februar 2016 die Eröffnung des Prozesses vor dem Landgericht Schwerin. Er begann im Mai 2019, gesundheitliche Probleme eines Angeklagten führten zu Verzögerungen. Als die Plädoyers anstanden, forderte die Staatsanwaltschaft 2,5 Jahre Freiheitsstrafe für Ebnet, seine Verteidigung plädierte auf Freispruch, der jetzt erfolgte.

Was geschah mit Investor Løkkevik? Sein Verfahren war von dem Ebnets abgetrennt worden. Der Norweger war wegen des umstrittenen »Aufteilens« seines Hotelkomplexes des Subventionsbetruges angeklagt worden, doch das Landgericht Rostock sprach ihn frei, zum Ärger der Staatsanwaltschaft. Sie brachte die Sache vor den Bundesgerichtshof. Er hob den Freispruch im Oktober 2017 auf und ordnete an: Der Prozess gegen Løkkevik muss vor dem Landgericht Schwerin neu aufgerollt werden. Wann das geschieht, ist offen. Offen ist auch, wie die Staatsanwaltschaft mit dem jüngst ergangenen Freispruch für Otto Ebnet und Mitangeklagte umgeht.

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