Gnabry macht den Robben
»Nahe am Weltklassespieler«: Serge Gnabry verhilft dem FC Bayern mit seinen wichtigen Treffern ins Finale der Champions League
Serge Gnabry stand in den Katakomben des Estádio José Alvalade mit der Uefa-Trophäe für den »Man of the Match« in der linken Hand und knipste ganz kurz ein Lächeln für den Fotografen an. Am Sonntagabend (21 Uhr im ZDF) aber will der Mann, der den FC Bayern München im besten Arjen-Robben-Stil fast allein ins große Finale gegen Paris Saint-Germain geschossen hat, in Lissabon jedoch einen ganz anderen Pokal in die Höhe recken - den größten und wertvollsten im weltweiten Vereinsfußball, den Henkelpott der Champions League.
Warum die Münchner Double-Gewinner nun auch das Triple gewännen, wurde der Nationalstürmer am späten Mittwochabend nach dem 3:0 (2:0) im Halbfinale gegen Olympique Lyon von einem Reporter gefragt. »Weil wir es unbedingt wollen«, antwortete Gnabry so simpel wie überzeugend. »Ich denke, das ist der entscheidende Faktor. Wir werden alles tun, um den Titel zu holen«, so Gnabry.
Erinnerung an prominenten Vorgänger
Sein Versprechen, alles zu tun, löste der 25-Jährige schon gegen Lyon eindrucksvoll ein. Kapitän Manuel Neuer sprach von einem weiteren »Sahnetag« des Außenstürmers in der Königsklasse; erinnert sei nur an die vier Tore beim 7:2 gegen Tottenham oder den Doppelpack beim 3:0 im Achtelfinale gegen den FC Chelsea. Aber seine Saisontore acht und neun jetzt in Portugal waren die wichtigsten. »Gerade zum richtigen Zeitpunkt hat er das erste Tor erzielt«, betonte Torwart Neuer. In einer Szene kurz zuvor hatte Lyons Toko Ekambi noch den Münchner Pfosten getroffen (17. Minute), die Bayern wankten in der frühen Phase des Spiels.
Das 1:0 erinnerte dabei an den legendären Robben-Move, diese unnachahmliche Bewegung des holländischen Gnabry-Vorgängers, der jahrelang mit dem Ball vom rechten Flügel nach innen zog und die Kugel dann mit links in den Winkel zirkelte. Gnabry imitierte das auf seine Art, dynamisch, zielstrebig, kraftvoll. »Das 1:0 war absolut herausragend, wie er es abgeschlossen hat, und wie er es selbst vorbereitet hat. Serge hat einfach einen enorm guten Schuss mit beiden Füßen«, kommentierte Trainer Hansi Flick die Aktion.
Auf Anweisung des Physiotherapeuten
Gnabry hatte auf Anweisung gehandelt. »Vor dem Spiel hat ein Physiotherapeut noch zu mir gesagt: «Wenn du nicht schießt, kann der Ball auch nicht reingehen.» Zum Glück habe ich geschossen«, erzählte er nach seinem großen Auftritt: »Den starken linken Fuß hatte ich schon immer.«
Sein 2:0 leitete er später auch dynamisch ein und schloss den Spielzug erneut mit links vorm leeren Tor ab. Insgesamt kann man sagen, das Gnabry eine rasante Entwicklung hinter sich hat, »nicht nur beim FC Bayern, auch bei der Nationalmanschaft«, wie Flick betonte. Als Flick noch Assistent von Bundestrainer Joachim Löw war, hatten sie das damals 18 Jahre alte Talent in Diensten von Arsenal London als Überraschungsnominierung für die glorreiche Weltmeisterschaft 2014 in Brasilien im Hinterkopf.
Bei Löw spielt Gnabry inzwischen bekanntlich »immer«, wie der Bundestrainer sagte. »Man muss sagen, dass er schon nahe an einem Weltklassespieler ist. Er hat enorme Qualitäten«, erklärte Hansi Flick am Mittwochabend - und stachelte den Lyon-Bezwinger gleich wieder an: »Ich bin der Überzeugung, dass er noch lange nicht am Ende ist.«
Bei PSG sind alle Augen auf ihn gerichtet
Auch in Portugal hat Serge Gnabry noch etwas vor. Er ist jetzt der vierte große Stürmername im Endspiel, neben Teamkollege Robert Lewandowski und den PSG-Superstars Neymar und Kylian Mbappé. »Gnabry wird eine der großen Bedrohungen für PSG sein«, schrieb am Donnerstag Frankreichs Sportzeitung »L’Equipe«.
Im Estádio da Luz bietet sich der bestmögliche Zeitpunkt für Gnabry, um noch einmal den Robben zu machen: Der bislang letzte Münchner Champions-League-Held erzielte 2013 auf dem Weg zum ersten Bayern-Triple beim Triumph im Wembley-Finale gegen Borussia Dortmund in der 89. Minute das krönende Siegtor.dpa/nd
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