- Politik
- Putsch in Mali
Macron wegen Mali im Zwiespalt
Nach Putsch in früherer französischer Kolonie versprechen Militärs baldige Wahlen. Paris bleibt misstrauisch
Der Militärputsch in Mali stellt die Zukunft der gesamten Sahel-Zone in Frage, wo sich Frankreich mit der Militäroperation Barkhane massiv im Kampf gegen die islamistischen Djihadisten engagiert. Präsident Emmanuel Macron ist durch den Staatsstreich in ein ernstes Dilemma geraten. Einerseits kann er sich nicht zu stark für den gestürzten Präsidenten Ibrahim Boubacar Keita engagieren, weil der nach sieben Jahren an der Spitze des Landes heute von der Bevölkerungsmehrheit abgelehnt wird. Er war 2012 selbst durch Wahlen im Gefolge eines Militärputsches an die Macht gekommen, hat sich aber als schwach und unentschlossen erwiesen, und seine Regierung als unfähig und korrupt. Das hat seit Monaten zu Protestaktionen der Opposition geführt, die nach den offensichtlichen Fälschungen der Ergebnisse der jüngsten Parlamentswahlen einen Höhepunkt erreichten. Hat Macron den Putsch anfangs - nach telefonischer Abstimmung mit den Staatschefs der Westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft ECOWAS - scharf verurteilt, so beschränkt er sich inzwischen darauf, die Freilassung von Keita zu fordern. Den Machtwechsel in Bamako muss er notgedrungen zur Kenntnis nehmen und hoffen, dass die Militärs ihre Zusicherung einhalten, bald demokratische Wahlen zu organisieren.
Andererseits gibt es Hinweise darauf, dass sich unter diesen Militärs die Neigung breit macht, angesichts der eigenen militärischen Schwäche einen Kompromiss mit den islamistischen Dschihadisten zu suchen. Doch damit stünde die gesamte Antiterrorpolitik Frankreichs in der Region, die Konsequenzen für die Sicherheit Europas hat, auf dem Spiel.
Unter dem sozialistischen Präsidenten François Hollande wurde 2014 die französische Militäroperation Barkhane gestartet, um in der sich südlich der Sahara erstreckenden Sahel-Zone die Dschihadisten zu bekämpfen. Diese wollten nach der Niederlage im Irak und in Syrien diese Region zu ihrem neuen Operationsfeld machen. Anfang 2013 waren sie mit einem Marsch in den Süden Malis sogar schon im Begriff, das Land in ihre Hand zu bringen, und konnten nur durch den Einsatz französischer Flugzeuge und Fallschirmjäger wenige Dutzend Kilometer vor der Hauptstadt Bamako gestoppt und zurückgeworfen werden.
Derzeit umfasst das französische Kontingent vor Ort 5 100 Mann. Sein Operationsgebiet, das die ehemaligen französischen Kolonien Mauretanien, Mali, Burkina Faso, Niger und Tschad umfasst, ist zehnmal größer als Frankreich. Diese fünf Länder unterstützen das Engagement Frankreichs, doch der Beitrag ihrer Armeen ist dabei keine große Hilfe. An der Operation Barkhane beteiligen sich am Rande auch einige Soldaten der Bundeswehr und aus anderen EU-Ländern.
Anfang Juni konnten französische Soldaten den Al-Qaida-Führer im Maghreb, Abdelmalek Droukdel, aufspüren und töten. Ein Racheakt dafür könnte vor Tagen die Ermordung von sechs europäischen Entwicklungshelfern und zwei Afrikanern in einem Naturschutzpark in Niger gewesen sein. Die Militäraktionen können sich nicht auf Hubschrauberflüge und Patrouillen mit Panzerwagen beschränken. Durch die Durchsuchung von Dörfern und Lagern machen sich die Barkhane-Soldaten bei der Bevölkerung unbeliebt und so gelingt es nicht nur den Dschihadisten, sondern auch örtlichen Politikern, antifranzösische Stimmung zu schüren. Die Putschisten in Mali haben erklärt, dass sie alle internationalen Verpflichtungen einhalten, dazu gehört auch die Unterstützung der Operation Barkhane. In Paris nimmt man das mit einiger Skepsis auf.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.