Neustart auf eingefahrenen Wegen

Weil die H&K-Aktionärsversammlung virtuell stattfindet, haben es Kritiker des Waffenbauers schwerer

  • Rene Heilig
  • Lesedauer: 4 Min.

Sollen die sich doch einen anderen Vorzeigemann suchen! Bei der am Donnerstag stattfindenden ordentlichen Hauptversammlung wirft Harald Kujat hin. Dem altgedienten Militär, der alle Spitzenfunktionen in Bundeswehr und Nato erklommen hatte, um dann Aufsichtsratsvorsitzender bei Heckler & Koch (H&K) zu werden, schmecken die neuen Mehrheitsverhältnisse in der Firma nicht. Auch sein Vize Martin Sorg will nicht mehr. Die beiden standen im langjährigen und erbittert geführten Streit zwischen dem bisherigen Mehrheitsaktionär Andreas Heeschen und der unter der Ägide des französischen Finanzexperten Nicolas Walewski gelenkten Luxemburger Finanzholding CDE auf der falschen Seite.

Der große Knall wird ausbleiben, denn erstens haben Kujat und Sorg ihren Abschied angekündigt und zweitens findet das Treffen - wie es in der Einladung heißt - »ohne die Möglichkeit der persönlichen Teilnahme der Aktionäre oder ihrer Bevollmächtigten« statt. Die gesamte Hauptversammlung wird wegen Corona »im passwortgeschützten Online-Portal abgehalten«. Und so werden die 123 Fragen der Kritischen Aktionäre, die fristgerecht eingereicht wurden, wohl auch nicht die erhoffte Verbreitung finden.

Mitte Juli hatte das CDU-geführte Bundeswirtschaftsministerium der CDE die Freigabe zum Erwerb eines Mehrheitsanteils an der H&K AG erteilt. Gemeinhin würde man denken, dass die CDE als Wasser-Entwicklungsgesellschaft nun Dinge entwickeln und produzieren lässt, die gegen Dürre und Abwasserprobleme helfen. Doch wie seit der Gründung im Jahr 1949 produziert Heckler & Koch weiter Pistolen, Maschinenpistolen, Sturm-, Präzisionsgewehre und Maschinengewehre samt Trainings- und sogenannten 40 mm-Systemen.

Nur freilich ökologischer als bisher, betonen die PR-Verständigen des Unternehmens. Man habe die Anstrengungen für den Klima- und Ressourcenschutz erheblich verstärkt. Trotz deutlich gesteigerter Produktion, die 2019 nach zwei »roten« Jahren wieder Gewinne einbrachte, konnte man den spezifischen Energieverbrauch im Vergleich zu 2018 um mehr als ein Fünftel senken. Damit einher ging die Reduzierung der Kohlendioxid-Emission von rund einem Viertel.

Auch einen Ethik- und Verhaltenskodex gab sich die Firma. Zur Sicherung von Demokratie und Frieden, so sagte Vorstandschef Jens Bodo Koch, sei es »unverzichtbar, jegliche Waffenexporte strengsten Regularien zu unterziehen«. Das klingt so, als habe die Schwarzwälder Waffenschmiede aus diversen illegalen Exportgeschäften gelernt. Aufgeflogen waren unter anderem Lieferungen von G 36 Sturmgewehren nach Mexiko.

Zwar durfte das Unternehmen seit 2006 Waffen nach Mexiko liefern, aber eben nicht in jene Gebiete, in denen der Drogenkrieg am schlimmsten tobt und selbst Polizeibeamte teils mit der Mafia unter einer Decke stecken. Die deutsche Justiz eilte sich nicht. Man verurteilte schließlich zwei Ex-Mitarbeiter zu Bewährungsstrafen. Die Firma musste 3,7 Millionen Euro Strafe zahlen. Die umfangreiche »politische Landschaftspflege« zeigte ihre Früchte, ohne dass allzu viel Gerede über die umfangreichen Parteispenden von H&K an die CDU entstand.

Doch die Kratzer am Konzernimage sind deutlich. Was die legalen Kunden nicht abschreckt, mit dem Unternehmen, zu dem Tochtergesellschaften in Frankreich, Großbritannien und in den USA gehören, umfangreiche Geschäfte zu machen.

Ein Hauptkunde ist weiter die Bundeswehr. Obgleich die seit ihrer Aufstellung im Jahr 1955 nicht nur positive Erfahrungen mit dem Geschäftspartner in Oberndorf gemacht hat. Das aktuelle Standard-Sturmgewehr G 36 geriet beispielsweise in die Kritik, weil es unter Belastung nicht präzise schoss. Nun sollen das Kommando Spezialkräfte (KSK) sowie die Spezialkräfte der Marine mit dem neuen G 95K beliefert werden. 1705 Sturmgewehre sind geordert, doch das Verteidigungsministerium beklagt - freilich nur intern - abermals Qualitätsmängel bei der Serienfertigung. H&K-Sturmgewehrkunden sind auch die französischen Streitkräfte sowie die Bundespolizei. 2000 sogenannte Mitteldistanzwaffen »zum Schutz der Bürger bei Terror- und Amoklagen« kauft aktuell die hessische Polizei, Kollegen in Berlin und Bayern erhalten neue Dienstpistolen aus dem Schwabenland. Jüngster bei H&K gefeierter Erfolg ist die Auslieferung von gut 6000 Scharfschützengewehren an die US Army.

Die permanente Kritik Kritischer Aktionäre vor allem an den Auslandsgeschäften der Firma verhallt durch die virtuelle Hauptversammlung in diesem Jahr womöglich schneller. Zumal die Beschäftigten von anderen Sorgen umgetrieben sind. Man befürchtet, dass unter den neuen Mehrheitsverhältnissen Forschung und die Produktion demnächst aus Deutschland in andere Länder verlagert werden könnten. Die IG Metall verweist zudem darauf, dass die H&K-Beschäftigten durch Lohnverzicht bereits genügend Opfer gebracht hätten.

Wie rasch sich Ungemach einstellt, können die H&K-Beschäftigten bei der nicht weniger durch illegale Geschäfte in Verruf geratenen Konkurrenz sehen. SIG Sauer machte gerade rund 150 Beschäftigten am Standort in Eckernförde (Schleswig-Holstein) klar, dass der 31. Dezember für die meisten der erste Tag in Arbeitslosigkeit sein wird.

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