Isolierte Rechtspopulisten

Die AfD klagt gegen die Coronahilfen der EZB. Im konservativen Lager wird sie diesmal keine Mitstreiter finden.

  • Simon Poelchau
  • Lesedauer: 3 Min.

Der 14. April 2013 war der große Tag von Bernd Lucke. Der Hamburger Wirtschaftsprofessor wurde damals Vorsitzender der neu gegründeten Alternative für Deutschland (AfD). Die Partei hatte zunächst - auf dem Höhepunkt der Eurokrise - nur ein Ziel: raus aus der Währungsunion. Die Einführung des Euro sei ein »historischer Fehler« gewesen, sagte Lucke auf der Gründungsveranstaltung. Ihm und seiner Partei war damals vor allem die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) ein Dorn im Auge. Die EZB finanziere marode Krisenstaaten und enteigne dafür deutsche Sparer, war eine Meinung, die aus der rechtspopulistischen Partei zu hören war.

Mittlerweile ist Lucke aus seiner Partei geekelt, die AfD noch weiter an den rechten Rand gerückt und meist wegen der rassistischer Äußerungen ihrer Politiker in den Medien. Doch die EZB mag man immer noch nicht. Wie ihre Bundestagsfraktion am Freitag verlautbarte, reichte sie wegen der Corona-Hilfen der Notenbank eine sogenannte Organklage gegen Bundestag und Bundesregierung ein. Die Notenbank überschreite in offensichtlicher Weise die Grenzen, die Karlsruhe aufgestellt habe, um die Einhaltung der europäischen Verträge sicherzustellen.

Konkret richtet sich die Klage gegen das »Pandemic Emergency Purchase Programme« (PEPP). Die EZB legte das Anleihenkaufprogramm im März auf, um die durch den pandemiebedingten Lockdown in die Krise geratene Wirtschaft der Eurozone zu stützen. Das Programm soll mindestens bis Ende Juni 2021 laufen und hat derzeit ein Volumen von 1,35 Billionen Euro. Die Notenbank behält es sich vor, das Programm notfalls auszuweiten.

Während der Eurokrise hatte es hierzulande weit bis ins konservative Lager Kritik an der EZB-Geldpolitik gegeben. So polterte der damalige Vizechef der Unions-Bundestagsfraktion, Ralph Brinkhaus, im Sommer 2014: »Die Entscheidung der EZB setzt falsche Signale. Der Schlüssel zur Überwindung der Wirtschaftskrise ist eine Politik der nachhaltigen Strukturreformen und keine Politik des niedrigen Zinses.«

Doch anders als während der Eurokrise befindet sich nun auch Deutschland in der Rezession. So ist das Bruttoinlandsprodukt hierzulande von April bis Juni um fast ein Zehntel eingebrochen - mehr als doppelt so stark wie während der Finanz- und Wirtschaftskrise 2008/9. Und auch der deutsche Staat nimmt diesmal Schulden auf, um mit Hilfsprogrammen Unternehmen vor der Pleite retten und die Konjunktur stützen zu können.

Das billige Geld der EZB ist also auch hierzulande nötig, um Schlimmeres zu verhindern, weshalb es am jetzigen Anleihenkaufprogramm so gut wie keine ernstzunehmende Kritik gibt. Selbst Bundesbankchef Jens Weidmann, der während der Eurokrise gerne gegen seine Kollegen in der EZB polterte, hält sich derzeit eher zurück. Insofern ist die AfD mit ihrer Klage gegen das EZB-Coronaprogramm weitaus isolierter als mit ihrer Kritik gegen die Notenbank während der Eurokrise.

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.
- Anzeige -

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -