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Zu viele Männer
Jesse Jeng (CDU) will bei der nächsten Bundestagswahl nicht als Kandidat für Hannover antreten, damit es eine Frau werden kann
Er ist jung, Schwarz und offenbar auch pro-feministisch. In die Kamera lächelt Jesse Jeng stets so charismatisch, dass man sich beinahe mal mit ihm auf einen Kaffee verabreden will.
Ein guter Kandidat für den Bundestag. In diesen Zeiten. Könnte man meinen. Doch am Sonntagabend gab Jeng auf Twitter bekannt, sich nicht für die nächste Bundestagswahl aufstellen zu lassen: »Man(n) kann nicht verkünden, mehr Frauen im Parlament zu unterstützen, um dann beizutragen, dass in vier Kreisen der Region Hannover vier Männer für die CDU kandidieren.«
Richtig gelesen: Jeng, der offenbar verstanden hat, wie sich das mit der Gleichberechtigung auch praktisch umsetzen lässt, ist ausgerechnet Christdemokrat. Mitglied jener Partei also, die mit ihrer traditionellen »Männerquote« in der Vergangenheit nicht gerade für ihren Einsatz für mehr Emanzipation bekannt wurde und die im Jahr 2020 erstmals über ein Paritätsgesetz diskutierte – nicht jedoch, ohne umgehend Kritik aus der erzkonservativen Werteunion zu ernten.
»Frauenquote hin oder her – es werden Männer ihre Ambitionen zurückstellen müssen, damit mehr Frauen für die CDU in Parlamenten sitzen«, begründete Jeng, der Bezirksvorsitzender der Jungen Union Hannover, Vorsitzender der CDU Hannover Südstadt-Bult und Ratsherr der Landeshauptstadt ist, seine Entscheidung.
Tatsächlich beträgt der Frauenanteil in der Unionsfraktion nur 20,7 Prozent. Ähnlich düster sieht es bei der FDP mit 22,5 Prozent aus. Und auch insgesamt liegt der Frauenanteil im Bundestag auch über einhundert Jahre, nachdem Frauen in Deutschland am 19. Januar 1919 erstmals wählen und gewählt werden durften, derzeit bei nur 31,2 Prozent – so niedrig wie zuletzt vor zwei Jahrzehnten. Es ist eine Entwicklung, die nicht nur, aber auch dem Einzug der AfD geschuldet ist, denn der Frauenanteil der rechten Fraktion liegt bei nur 11 Prozent. Im Mittelfeld liegt die Fraktion der SPD mit einem Frauenanteil von immerhin 42,8 Prozent. Nur bei der Linken (53,6 Prozent) und den Grünen (58,2 Prozent) stellen Frauen jeweils die Mehrheit.
Doch Jeng, der 1988 in Hannover geboren wurde und einen gambischen Vater hat, scheint nicht nur beim Thema Gleichberechtigung der Geschlechter über mehr Awareness (Bewußtsein) zu verfügen als die meisten seiner Parteifreunde. Auch gegen Rechtsextremismus und Nazis und setzte er sich in der Vergangenheit vehement ein.
Bei einer Kundgebung bezeichnete er Rassismus als »schleichendes Gift«, das den Betroffenen ihr Selbstwertgefühl raube und das Gemeinschaftsgefühl in Deutschland schwäche. Das Ausgeschlossen-Sein löse im Inneren etwas aus: ein Nicht-Dazugehören, ein Fremdsein. Zuvor hatte Jeng in den sozialen Medien von eigenen Rassismuserfahrungen berichtet: Etwa davon, wie er immer wieder an der Diskotür abgewiesen wurde, während die Türsteher seinen weißen Freunden stets den Einlass gewährten.
In der »Hannoverschen Allgemeinen« erklärte Jeng zudem, dass es ein »strukturelles Defizit« der Gleichberechtigung in der Gesellschaft gebe. Wer trotzdem immer betone, dass alles nicht so schlimm sei wie in den USA, der verschließe die Augen und verhindere damit Veränderung, so der CDU-Politiker.
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