Corona im Vorwahlkampf

Ulrike Henning über das Quarantäne-Missverständnis

  • Ulrike Henning
  • Lesedauer: 2 Min.

Nach sommerlicher Sendepause war der nächste Podcast des Virologen Christian Drosten bereits sehnlichst erwartet worden. Nicht nur von Menschen, die Zusammenhänge von Viren und Maßnahmen besser verstehen wollen, sondern auch von Politikern, wie sich zeigte. Am Dienstag letzter Woche war es dann auch wieder soweit, und es gab gleich mehr als 100 Minuten auf einen Schlag. Das war wohl zu lang für diejenigen, die Drosten nur als Stichwortgeber sehen. Denn der sprach von der Isolation Infizierter, die man vermutlich ohne Probleme von 14 auf fünf Tage reduzieren könne, um sie danach noch einmal zu testen. Verstanden wurde aber Quarantäne - von Leuten, die sicher oder vielleicht Infizierte getroffen haben, wie etwa Reiserückkehrer aus Risikogebieten.

Karl Lauterbach von der SPD schwenkte auf Twitter sofort auf eine eher inhaltliche Diskussion über Infektiosität, Dauer und Kosten von Quarantäne um und hat sich damit einigermaßen aus der Affäre gezogen. Andere (FDP) wollen mit einer nur fünftägigen Quarantäne die Akzeptanz in der Bevölkerung erhöhen, oder bewerten (AfD), daran einigermaßen anschlussfähig, bisherige Maßnahmen als »überhastet und nicht ausgewogen«. Eher staatstragend dann der CDU-Verweis auf die anstehende Auswertung zur Quarantäne-Studienlage, die als Basis für eine mögliche Verkürzung dienen könnte. Das Dilemma von Politik in einer gesundheitlichen Notlage zeigt sich hier deutlich. Zugleich weist die große Zustimmung zum Regierungshandeln darauf hin, dass um die Dauer der Quarantäne (nicht Isolation) vor allem die streiten müssen, die sich auf der Jagd nach Wählerstimmen gerade im Nachteil sehen.

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