Fusion der Absturzbanken
Spaniens Regierungschef treibt Oligopolisierung voran, auch wenn dies die Rückzahlung staatlicher Rettungsmilliarden gefährdet
Am kommenden Wochenende dürften bereits Nägel mit Köpfen gemacht werden: Dann kommen die Verwaltungsräte der beiden Großbanken Caixa und Bankia zusammen, um die Fusion zum größten Geldhaus Spaniens zu beschließen. Aus den einstigen Absturzbanken soll das zehntgrößte Kreditinstitut in Europa mit einer Bilanzsumme von gut 660 Milliarden Euro werden.
Regierungschef Pedro Sánchez unterstützt die Pläne, wie er am Montag in einem Fernsehinterview bestätigte. Die Zustimmung ist notwendig, denn derzeit kontrolliert der Staat Bankia mit einem Anteil von fast 62 Prozent. Nach der Fusion im Zuge eines Aktientauschs würde der Anteil an der neuen Großbank auf 14 Prozent schrumpfen, weshalb der Staat kaum noch Einfluss auf die Geschäftspolitik hätte.
Bankia war während der Immobilienkrise, die zu einem Berg fauler Kredite führte, mit staatlichen Hilfen von 24 Milliarden Euro aus dem Zusammenschluss von sieben abstürzenden Sparkassen geschaffen worden. Auch die Caixabank ging aus einer großen kommunalen Sparkasse in Barcelona hervor. Die Rettungsmilliarden für Bankia dürften mit einer Fusion weitgehend verloren sein, da das staatliche Aktienpaket nur etwa ein Zehntel dessen wert ist, was die Rettung durch den Staat einst kostete. Bisher sind nur drei Milliarden zurückgeflossen. Im Interview wollte Sánchez sich nicht festlegen, ob die Milliarden jemals zurückfließen: »Wir sind weit davon entfernt«, erklärte er.
In seiner Koalitionsregierung gibt es indes Streit, da das Linksbündnis »Unidas Podemos« (UP) in die Ausarbeitung der Pläne nicht einbezogen wurde. Dieses spricht von einer »besorgniserregenden Nachricht« für die spanische Wirtschaft. »Eine Fortsetzung der Oligopolisierung des Finanzsektors wäre sowohl für die Wettbewerbsfähigkeit als auch für die Stabilität des Marktes.« Für das Linksbündnis sollte Bankia die Grundlage für eine staatliche Bank bilden. Doch nun hat man es eher mit ihrer verdeckten Privatisierung zu tun.
Unterstützt wird das Vorhaben hingegen von der spanischen Zentralbank. Ihr Präsident Pablo Hernández de Cos erklärte, dass »es zu einer Konsolidierung kommen könne, die dazu beiträgt, dass die Institute und das System in seiner Gesamtheit widerstandsfähiger werden«. Er betonte, es gebe auch nach einer Fusion noch eine »starke Konkurrenz«. Dabei hatte eine Studie aus dem eigenen Haus vor zwei Jahren vor einem »besorgniserregenden Potenzial« wegen der starken Konzentration gewarnt. »Umso weniger Banken es gibt und umso größer sie sind, umso einfacher werden Absprachen und ein konkurrenzfeindliches Verhalten.« Laut der Studie verschwanden allein zwischen 2008 und 2016 schon 43 Prozent der Institute, darunter viele kleine Sparkassen. Kontrollierten 2008 die fünf größten Banken des Landes 42 Prozent des Geschäfts, waren es acht Jahre später fast 62 Prozent.
Doch Fusionen sind auch im Sinne der EU-Bankenaufsicht, die bei der Europäischen Zentralbank (EZB) angesiedelt ist. Ihr spanischer Vizepräsident Luis de Guindos erklärte im vergangenen Herbst, diese seien »unvermeidlich«. Und ein Entwurf für die Leitlinien der Bankenaufsicht sieht deshalb nun vor, regulatorische Vorschriften zu lockern, auch in Bezug auf das Eigenkapital.
Klar ist, dass besonders harte Zeiten auf spanische Banken zukommen, da die heimische Wirtschaft wie keine andere in Europa eingebrochen ist. Schon im ersten Quartal schrumpften die Gewinne von Bankia und Caixabank massiv, weil Rückstellungen vorgenommen werden mussten. Branchenführer Santander, die größte Bank in der Eurozone, musste im zweiten Quartal sogar erstmals in ihrer Geschichte einen Verlust in Höhe von elf Milliarden Euro vermelden. Allgemein wird erwartet, dass es zu massiven Kreditausfällen kommt und damit erneut Bankenrettungen auf die Tagesordnung rücken, zumal Spanien die Coronakrise nicht in den Griff bekommt.
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