Hausbesitzer leben riskant
Versicherungen gegen Unwetterrisiken
Versicherungsunternehmen stehen in dem Ruf, den Schirm einzuklappen, wenn es regnet. Geschäftsleute singen seit der Corona-Krise wieder dieses Lied: Viele Versicherer weigern sich, Betreiber von Hotels, Restaurants und Läden voll zu entschädigen, wenn sie aufgrund des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) dicht machen mussten. Stattdessen sollen sie sich mit dem sogenannten Bayerischen Kompromiss begnügen, also maximal 15 Prozent der versicherten Summe.
Eine Rechtspflicht sei selbst das nicht, man leiste nur aus Kulanz. Damit nicht genug: Wenn Kunden sich weigern und die volle Summe einfordern, wird gekündigt. Die Versicherer argumentieren, dass nur jene Seuchen versichert seien, die namentlich im Vertrag genannt werden. Was bei dem neuen Virus natürlich nicht der Fall ist.
Ähnlich ist die Situation bei anderen Naturkatastrophen. Sturm oder Hochwasser gelten wie Corona-Viren rechtlich als »höhere Gewalt«. Höhere Gewalt liegt dann vor, wenn ein Ereignis eintritt, welches selbst durch größte Vorsicht und Sorgfalt nicht abgewendet werden kann. In vielen Fällen bedeutet das Wirken von höherer Gewalt, dass der Versicherer den Schaden nicht übernimmt. Risiken, die Unwetter und Klima darstellen, werden vielfach unterschätzt. Das ist besonders hierzulande ausgeprägt, da die Bundesrepublik infolge ihrer geografischen Lage bislang kein »Hotspot« von gefährlichen Naturereignissen ist.
Doch auch hierzulande gab es im Jahr 1962 die Sturmflutkatastrophe an der norddeutschen Nordseeküste oder 2002 das Jahrhunderthochwasser der Elbe und ihrer Nebenflüsse in Ostdeutschland. Es gab viele Tote, und der materielle Schaden ging in den zweistelligen Milliardenbereich.
Doch selbst in »normalen« Jahren gibt es Unglücke. Bundesweit übernehmen Versicherungen jährlich Unwetterschäden an Häusern, Hausrat, Autos, in Gewerbe und Industrie von durchschnittlich 3,7 Milliarden Euro. Die teuersten Schäden entstanden 2019 in Bayern, Nordrhein-Westfalen und Hessen. Die meisten Schäden durch Sturm und Hagel gab es im Saarland, gefolgt von Sachsen und Rheinland-Pfalz. Der unversicherte Schaden betrug schätzungsweise 12 Milliarden Euro.
Unwettergefahr per Mausklick erkennen
Immobilieneigentümer und Mieter können nun ihr individuelles Risiko, von Naturgefahren betroffen zu werden, selber ermitteln, wirbt der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV). Die Lobby hat den »Naturgefahren-Check« gestartet. »Wir zeigen die finanzielle Tragweite von Unwettern konkret am Wohnort der Menschen«, sagte Oliver Hauner, Leiter Sachversicherung beim GDV. »So können sie ihr Risiko besser bewerten und Schlussfolgerungen ziehen - etwa ihren Versicherungsschutz überprüfen, Schutzmaßnahmen umsetzen oder ihre Bauplanung anpassen.«
Auf der Online-Plattform des GDV (www.dieversicherer.de/versicherer/haus---garten/naturgefahren-check) können Verbraucher nach Eingabe ihrer Postleitzahl erfahren, welche Schäden Unwetter in der Vergangenheit am eigenen Wohnort verursacht haben. Wie viele Gebäude im letzten Jahr in der Region betroffen waren, wie hoch die teuersten Schäden durch Starkregen, Sturm oder Hagel ausfielen und welche Hochwassergefahr besteht.
Ein zentrales Informationsportal der öffentlichen Hand mit standortgenauen Daten kann allerdings auch der »Naturgefahren-Check« nicht ersetzen. Die Initiative des Versicherungsverbandes ist eine Reaktion darauf, dass eine bundesweite Naturgefahrenplattform mit leicht verständlichen Informationen zu Gefahren und Präventionsmöglichkeiten weiterhin fehlt. Bereits vor Jahren hatte sich die Ministerpräsidentenkonferenz der Länder dafür ausgesprochen. Passiert ist aber in Berlin bislang wenig.
Was sind Elementarschäden?
Sintflutartiger Regen oder brausender Sturm kommen häufiger vor und können zu verheerenden Folgen führen: Keller laufen voll, Dächer sind abgedeckt. Sich dagegen zu versichern ist zweckmäßig. Dafür gibt es eine sogenannte Elementarschadenversicherung. Die könne sie im Rahmen der Wohngebäude- oder Hausratversicherung abschließen.
Als Elementarschäden werden Schäden bezeichnet, die durch Naturgewalten wie Hochwasser oder Starkregen verursacht werden. »Wohnen Sie in einem Gebiet, in dem es öfter zu Überschwemmungen, Lawinen oder Erdrutschen kommt, ist eine Elementarschadenversicherung sinnvoll«, raten Verbraucherschützer. Sogar der Schutz gegen Erdbebenschäden kann, etwa im badischen Rheingraben und in Ostthüringen, durchaus zweckmäßig sein.
Allerdings kommt die Absicherung gegen Naturgewalten unter Umständen teuer, hat das unabhängige Verbraucherportal »Finanztip« festgestellt. Mit dem zusätzlichen Schutz koste die Gebäudeversicherung im Schnitt 48 Prozent mehr. Machen Sie daher unbedingt einen Preisvergleich!
Kurios: Ausgerechnet in Nicht-Risikogebieten ist der Baustein »Elementarschäden« überdurchschnittlich teuer. Dort können sie allerdings auf den Baustein verzichten.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
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