Irgendwie nach Paris kommen
Die Radprofis hoffen auf ein normales Tourende. Doch auch die Sponsoren sind im Durchhaltemodus
Die Tour de France sorgt in diesen Wochen für gemischte Gefühle. Das trifft sogar auch auf die Sponsoren zu. »Wir mussten in diesem Jahr unser Marketingbudget reduzieren. Die direkten Zahlungen an den Veranstalter ASO sind bei der vereinbarten Höhe geblieben, aber insgesamt setzen wir weniger Mittel ein«, erzählt Adrien Eymard, Marketingchef der Pariser Zentrale von Continental. Der Reifenhersteller ist bei der diesjährigen Tour dennoch sehr präsent. Alle Tore, die ab der 20-Kilometer-Marke die immer kleiner werdende Entfernung zum Ziel angeben, sind mit dem Logo des Unternehmens geschmückt. Man richtet zudem die Zeremonie des Etappengewinners aus. »Visuell sind wir also gut präsent, vor allem in den Übertragungen im Fernsehen«, so Eymard.
In der Werbekarawane, die auch in diesem Jahr ein paar Stunden vor den Radprofis die Strecke abfährt und kleine Geschenke an die Zuschauer verteilt, hat das Unternehmen nur noch die Hälfte der Fahrzeuge: drei statt der sechs im vorigen Jahr. »Auch das Verteilen von Geschenken ist eingeschränkt«, sagt Eymard. Das passt ins Gesamtbild. Statt der 160 Fahrzeuge im letzten Jahr umfasst die Werbekarawane nur noch etwa 100 Fahrzeuge. Warum sie bei den viel weniger Fans an der Strecke überhaupt stattfindet, lässt sich fast nur mit sehr früh geschlossenen Verträgen erklären.
Eymard begleitet die Tour jeden Tag. Er bezieht stets Stellung am Sponsorenstand im Startdorf und empfängt Kunden sowie Geschäftspartner. »Es sind auch hier weniger als in den Jahren zuvor, aber wir halten diese Aktivitäten weiter aufrecht.« Die Tour de France ist für Sponsoren vor allem eine Tour zum Durchhalten. Man will dabei sein, die Durststrecke überstehen. Und man entwickelt Ideen, den Aufenthalt für Geschäftspartner irgendwie noch attraktiv zu gestalten. Eigentlich besteht für VIP der Reiz darin, nahe an den Radstars zu sein. Das ist dieses Jahr aber unmöglich. Bei AG2R, dem Sponsor des gleichnamigen Teams, ist man daher auf die Idee gekommen, vor dem Teambus eine Kamera aufzubauen, vor der sich einmal am Tag Teamchef Vincent Lavenu aufbaut und ein paar Worte an die Edelfans richtet.
Sich mit den Umständen arrangieren heißt das Gebot der Stunde. Und sich über jeden positiven Aspekt freuen. »An der Strecke sind jetzt definitiv weniger Menschen. Aber jetzt verfolgen mehr Leute das Rennen im Fernsehen«, tröstet sich Marketingchef Eymard. Im Schnitt 3,18 Millionen Franzosen schauen sich nun die Tour de France am Bildschirm an. Bei den ersten Bergetappen waren es sogar 4,6 Millionen. Und weil die Regierung aufgrund dramatisch steigender Coronazahlen nun auch die Sperrung der Bergpässe für alle Fans angeordnet hat, dürfte diese Zahl sogar noch weiter steigen. So gesehen geht das Geschäft auf. Solange die Tour de France rollt und das Fernsehen überträgt, sind auch die Werbepartner zufrieden.
Eymard geht davon aus, dass es die Tour nach Paris schaffen wird. »Sollte es anders kommen, werden wir uns den Umständen anpassen«, meint Adrien Eymard trocken. Den Sponsorenvertrag mit der ASO, der noch bis 2022 läuft, will sein Unternehmen erfüllen, sagt er noch. Weiter hinaus gehen die Planungen aber nicht. Erst einmal wollen alle nur irgendwie nach Paris kommen.
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