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Geschacher um Menschenleben
Union und SPD einigen sich auf Aufnahme von Geflüchteten aus Griechenland
In der Großen Koalition hing wieder einmal alles an der SPD. Die Partei beriet am Dienstag, wie sie mit dem neuen Vorschlag von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Innenminister Horst Seehofer (CSU) umgehen soll. Die beiden Unionspolitiker wollen, dass Deutschland nach dem Brand im Lager Moria auf Lesbos rund 1500 weitere Geflüchtete von den griechischen Inseln aufnimmt. Merkel und Seehofer haben rund 400 Familien mit Kindern im Blick, die in Griechenland bereits als schutzbedürftig anerkannt wurden. Nur ein Teil dieser Menschen lebte zuletzt in dem Flüchtlingslager Moria. Im Laufe des Tages verständigten sich Union und SPD, 1553 zusätzliche Flüchtlinge von fünf griechischen Inseln aufzunehmen.
Die Zahl liegt deutlich unter den kürzlich noch geäußerten Vorstellungen der SPD-Vorsitzenden Saskia Esken. Sie hatte empört reagiert, nachdem zunächst nur von 400 unbegleiteten minderjährigen Schutzsuchenden die Rede war, die nach Deutschland und in andere Länder der EU geholt werden sollten. Esken hatte verlangt, dass diese Zahl deutlich aufgestockt wird. Es müsse »ein hoher vierstelliger Betrag« sein, sagte die Sozialdemokratin am Wochenende. Damit war sie keineswegs allein. Selbst in Teilen der Union wurde mehr Hilfsbereitschaft signalisiert, als Seehofer zulassen wollte. So forderte der Bewerber um den CDU-Vorsitz, Norbert Röttgen, Deutschland solle Griechenland konkrete Hilfe leisten und 5000 Migranten aus Moria aufnehmen.
Bei den Sozialdemokraten fielen die Reaktionen auf den Vorstoß von Merkel und Seehofer unterschiedlich aus. Aziz Bozkurt, Bundeschef der AG Migration und Vielfalt in der SPD und Parteilinker, kritisierte gegenüber »nd«, dass die Union meine, »wie auf einem Basar feilschen zu müssen«. »Das ist zutiefst unanständig und alles andere als die herbeiphantasierte Nächstenliebe von Horst Seehofer«, so Bozkurt. Wenn es schon Zusagen von deutlich mehr als 5000 Menschen von zahlreichen Kommunen und Ländern gebe, dann müssten die Kanzlerin und ihre Union noch einmal in sich gehen und nicht über die Medien zum parteipolitischen Pokern ansetzen. Bozkurt sah in der Union aktuell eine »zerrissene Partei«. Ein Teil sei rechtskonservativ. Der andere wolle hingegen die Vorgänge von 2015, als zahlreiche Geflüchtete nach Deutschland gekommen waren, nicht als Fehler ansehen und an christlichen Werten festhalten. In dieser Situation sollten die Abgeordneten nach Ansicht von Bozkurt frei nach ihrem Gewissen entscheiden dürfen. »Das sollte die letzte Konsequenz für die SPD sein, wenn die Union nicht zu ihren christlichen Wurzeln zurückfindet«, erklärte er.
Bundestagsabgeordnete der Sozialdemokraten äußerten sich hingegen kompromissbereit. Lars Castellucci teilte auf Anfrage des »nd« mit, dass er es gut finde, »dass sich die Union auf unseren Druck hin endlich bewegt. In unmittelbarer Not ist schnelles Handeln gefordert. Unsere Position bleibt, dass wir soweit helfen sollten, wie Länder und Kommunen Bereitschaft signalisieren.« Zudem betonte der SPD-Parlamentarier, dass »unsere europäischen Partner ebenfalls in der Verantwortung bleiben«. Man werde nicht nachlassen, bis in Europa europäisches Recht und europäische Werte überall durchgesetzt würden. Aus Sicht von Castellucci sind europäische Asylzentren notwendig und Länder an den Außengrenzen bräuchten Solidarität bei der Verteilung. Der Sozialdemokrat forderte die Europäische Kommission auf, »dazu endlich ihre Vorschläge zu präsentieren«.
Die Flüchtlingshilfsorganisation Pro Asyl appellierte an die Sozialdemokraten, dem Vorschlag von Merkel und Seehofer nicht zuzustimmen. Dieser sei »inakzeptabel«, erklärte Pro-Asyl-Geschäftsführer Günter Burkhardt. Es liefe darauf hinaus, »die Dauerinternierung auf den griechischen Inseln zu zementieren«. Die dort Festsitzenden müssten dann »weiter in einer hoffnungslosen Situation« verharren.
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