Corona trifft Berlin mitten ins Herz

Abgeordnetenhaus diskutiert über die Zukunft der Kunst- und Kulturlandschaft

  • Marie Frank
  • Lesedauer: 3 Min.

Die FDP schöpfte am Donnerstag mit vollen Händen aus der Metaphernkiste: Als das »Herz Berlins« bezeichnete der kulturpolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Florian Kluckert, in der Plenarsitzung des Abgeordnetenhauses die Kulturlandschaft in der Hauptstadt. »Öffnen Sie den Kulturschaffenden Ihr Herz und nicht nur Ihr Portemonnaie«, so Kluckert in Richtung Kultursenator Klaus Lederer (Linke). Die Kunst- und Kulturszene Berlins leidet wie kaum eine andere Branche unter den coronabedingten Einschränkungen. Nach wie vor sind viele Clubs und Konzertsäle geschlossen, Theater und Museen können nur eingeschränkt und mit strengen Hygienemaßnahmen öffnen.

Die Politik reagierte darauf bisher vor allem mit Soforthilfen. Die Liberalen sind demgegenüber der Ansicht, dass die Künstler*innen statt finanzieller Hilfen vor allem einen Wiedereinstieg in ihr künstlerisches Engagement brauchen. In einem Antrag forderten sie daher eine höhere Auslastung von Theater- und Konzertsälen. »Das Brot des Künstlers ist der Applaus«, bemüht Kluckert ein weiteres Sprachbild, und dieses Brot bleibe nun schon seit 27 Wochen aus. »Von Applaus wird man nicht satt«, antwortet der Kultursenator trocken. Lederer stellt vielmehr weitere Finanzspritzen in Aussicht. »Wir sind noch lange nicht am Ende«, sagt er mit Blick auf die steigenden Infektionszahlen. Ohne den Einsatz weiterer finanzieller Mittel werde es nicht gehen. Die Abstandsregeln will Lederer hingegen nicht anrühren, dafür stellt er eine Lockerung der Maskenpflicht bei ausreichender Belüftung in Aussicht.

Auch die SPD warnt vor vorschnellen Lockerungen: »Jeder Fehler kann Menschenleben gefährden und den nächsten Lockdown herbeiführen«, sagt ihr kulturpolitischer Sprecher Frank Jahnke. Er kündigt an, »finanziell ans Limit zu gehen«, um das kulturelle Angebot Berlins »in seiner ganzen Breite« zu erhalten - und nicht nur »elitäre Hochkultur«. Bei der CDU-Fraktion stößt er damit auf offene Ohren, die Gelder seien mittlerweile aufgebraucht, heißt es dort. Ähnlich wie die FDP ist man jedoch der Meinung, dass Lederer bei der Frage der Besucher*innenzahlen »viel zu passiv« reagiere. Dass da noch mehr gehe, zeige ein Blick in andere Bundesländer.

Linke und Grüne betonen, die Probleme im Kunst- und Kulturbereich seien nicht allein auf Corona zurückzuführen, diese würden dadurch lediglich sichtbarer. Raumnot und prekäre Beschäftigungsverhältnisse habe es auch schon vor der Krise gegeben. Dem Problem der explodierenden Gewerbemieten etwa könne nur mit einem Mietendeckel für Gewerbe begegnet werden, sagt Linke-Fraktionsvorsitzende Anne Helm und verweist auf eine entsprechende Bundesratsinitiative von Rot-Rot-Grün. Zudem müssten die Bundesmittel für Kulturschaffende angepasst werden, denn dass diese lediglich die Betriebs-, nicht aber die Lebenshaltungskosten berücksichtigen, gehe »an der Realität vorbei«.

Um die Kultur in Zukunft krisenfest zu machen und die rund 350 000 Menschen, die in diesem Bereich arbeiten, zu unterstützen, brauche es eine bessere Finanzierung, sind sich Linke und Grüne einig. »Es muss langfristiger, autonomer und weniger projektorientiert gedacht werden«, fordert Helm. »Es darf keine Rückkehr zur Normalität vor der Krise geben«, stellt der Grünen-Abgeordnete Daniel Wesener klar.

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