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Schwarz-gelber Riese
Folge 155 der nd-Serie »Ostkurve«: Dynamo Dresden startet nach komplettem Neuaufbau in die 3. Liga
Beim Anpfiff der neuen Saison im Profifußball gehört die Aufmerksamkeit erst mal zwei Drittligisten. Die Partie zwischen dem 1. FC Kaiserslautern und Dynamo Dresden eröffnet am Freitagabend eine Spielzeit, deren Ausgang so ungewiss ist wie nie zuvor. Trotz aufwendiger Hygenie- und Schutzkonzepte sorgt das Coronavirus in den Bundesligen und der 3. Liga nach wie vor für die Gefahr eines unfreiwilligen, vorzeitigen Abpfiffs.
Sportlich ist die Ausgangslage eindeutiger. Wer zweifelt nicht daran, dass der Münchner Rekordmeister seinen neunten Titel in Folge gewinnen wird? Zwei Etagen tiefer gibt es ebenso einen Favoriten: 16 der 20 Drittligatrainer räumen Dynamo Dresden die besten Aufstiegschancen ein. Der FC Bayern der 3. Liga ist die SGD zwar nicht, denn das ist die Zweitvertretung der Münchner. Der Drittligameister der Vorsaison steht mit einem Marktwert seiner Mannschaft von rund 14 Millionen Euro einsam an der Spitze, aufstiegsberechtigt ist er aber nicht. Auf Platz zwei dieses Rankings folgt aber schon Dynamo mit knapp neun Millionen Euro.
Diese positiven Vorzeichen sind jedoch die Folge einer traurigen Vorgeschichte: Nach vier Zweitligajahren waren die Dresdner Ende Juni abgestiegen. Mit dem Gang in die Drittklassigkeit verlor Dynamo zwangsläufig einige Leistungsträger. Für das Ziel Wiederaufstieg, das der Verein innerhalb der nächsten zwei Jahre erreichen will, wurden 13 neue Spieler geholt. Der nahezu komplette Umbau der Mannschaft ist Trainer Markus Kauczinski anscheinend recht schnell und erfolgreich gelungen. Nach starken Testspielauftritten folgte am vergangenen Montag ein verdienter 4:1-Sieg im DFB-Pokal gegen den Hamburger SV. Über die zugeschriebene Rolle des ersten Aufstiegsanwärters muss der Coach jedoch schmunzeln: »Wir hatten noch keinen Kader zusammen, da waren wir schon Favorit.«
Dass die schwarz-gelbe SGD in der 3. Liga ein Riese ist, lässt sich aber nicht abstreiten. Mit 10 053 Fans beim Spiel gegen den HSV hält Dynamo nicht nur den Corona-Rekord im deutschen Fußball, die Pokalpartie war gleichsam die größte Zuschauerveranstaltung in Deutschland seit dem Ausbruch der Pandemie. Das zeugt vom insgesamt starken Umfeld des Vereins in der Stadt Dresden.
Wesentlich lieber wäre Dynamo die Rolle des Außenseiters. Denn geplant war ganz anderes: 2017, ein Jahr nach dem Aufstieg in die 2. Bundesliga, wurde auf der Mitgliederversammlung das Ziel 1. Bundesliga in Worte gefasst. 2021 sollte es so weit sein. Die Perspektive war damals auch vielversprechend. Im Frühjahr 2016 hatte Dynamo verkündet, dass der Vereins erstmals seit 25 Jahren wieder schuldenfrei war. Und 2017 schloss der Aufsteiger die Zweitligasaison auf Platz fünf ab. Diese Entwicklung war vorrangig Ralf Minge zu verdanken, der im Februar 2014 als Sportdirektor zur SGD zurückgekehrt war.
Die sportliche Stagnation begann mit der Entlassung von Coach Uwe Neuhaus im August 2018. Auch danach fällte Minge keine glücklichen Entscheidungen in der Trainerfrage. Hinzu kam das fast von Beginn an stark belastete Verhältnis zum kaufmännischen Geschäftsführer Michael Born, der im Mai 2016 nach Dresden gekommen war. Im Streit zwischen finanzieller Vernunft und sportlichem Erfolgsstreben hatte Dynamo seine Einigkeit auf der Führungsebene verloren.
Beide sind nicht mehr da - auf Drängen des Aufsichtsrates. Minges Entlassung zum Ende der vergangenen Saison war mit den sportlichen Ergebnissen logisch zu rechtfertigen. Das Aus von Born vor acht Tagen wurde nur allgemein begründet: »Mit dieser Entscheidung stellen wir weitere wichtige Weichen für eine strategische Neuausrichtung der Geschäftsführung des Vereins für die Zukunft.« Fehlende Visionen und mangelnde Mitarbeiterführung sollen Gründe gewesen sein.
Für Born wird ein Nachfolger gesucht, Ralf Becker hat Minges Job übernommen. Dessen Arbeit als Sportdirektor kann nur im Aufstiegsfall als Erfolg bewertet werden - also spätestens in zwei Jahren. Für dieses Ziel hat er jetzt nur ablösefreie Spieler verpflichtet. Eine Gehaltsobergrenze wurde für die Profis ebenfalls eingeführt. Sowohl Becker als auch Borns Nachfolger haben gute Voraussetzungen. Auf der letzten Mitgliederversammlung im November 2019 vermeldete Dynamo mit einem Eigenkapital von zehn Millionen Euro einen finanziellen Erfolg. Professionellere sportliche Voraussetzungen wurden mit dem Ende Juni fertiggestellten Trainingszentrum geschaffen. Nach mehr als zwei Jahren Bauzeit und Investitionen von 20 Millionen Euro können die Fußballer der SGD jetzt am Ostragehege für eine bessere Zukunft üben.
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