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Volldampf für Klimaschutz

Frachter und Kreuzfahrtschiffe sollen in der EU bald für jede Tonne CO 2 bezahlen

  • Hermannus Pfeiffer
  • Lesedauer: 3 Min.
Wenn es nach dem Willen des Europaparlaments in Brüssel geht, wird die Schifffahrt in der Europäischen Union in absehbarer Zeit umweltfreundlicher werden. Die Abgeordneten sprachen sich vor wenigen Tagen mit großer Mehrheit dafür aus, ab Januar 2022 den Schiffsverkehr in den Emissionshandel einzubeziehen. Bis 2030 sollen Schiffe außerdem 40 Prozent weniger CO2 ausstoßen als im Vergleichsjahr 2018.

Bislang ist die Schifffahrt nicht in den Handel mit Verschmutzungsrechten eingebunden. Das 2005 eingeführte EU-Emissionshandelssystem hat zum Ziel, den Treibhausgasausstoß von energieintensiven Anlagen in Stromerzeugung und Industrie zu verteuern und durch Verknappung der Zertifikate zu begrenzen; allein in Deutschland sind mehr als 10 000 Anlagen involviert. Zurzeit kostet ein Zertifikat für den Ausstoß von einer Tonne CO2 knapp über 25 Euro.

Nicht erfasst werden allerdings zwei wichtige Emittenten: die Landwirtschaft und der Verkehrssektor. Auch in der Schifffahrt müsse das Verursacherprinzip gelten, fordert die Grünen-Abgeordnete Jutta Paulus. Sie war maßgeblich an der Initiative des EU-Parlaments beteiligt. Das Flotten-Effizienzziel von mindestens 40 Prozent entspreche immerhin 1,5 Prozent weniger Emissionen in der gesamten EU. »Übertragen auf das von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen formulierte neue EU-Klimaziel von 55 Prozent, wären durch diesen Beitrag der Seeschifffahrt schon zehn Prozent der Emissionslücke abgedeckt.«

Die Pläne haben auch einen finanziellen Aspekt. So entgingen dem europäischen Fiskus bislang jährlich etwa 24 Milliarden Euro, die durch die Bepreisung der Schiffsemissionen eingenommen werden könnten, rechnete der SPD-Europaabgeordnete Tiemo Wölken (SPD) vor. Die Einnahmen aus dem maritimen Emissionshandel sollen dem Parlamentsvorschlag zufolge zur Hälfte in den EU-Haushalt und zur Hälfte in einen Fonds zum Meeresschutz fließen. Und auch die Linke unterstützt das Vorhaben.

Laut EU-Parlament sollen alle großen Schiffe, die Europas Häfen nutzen, unter den EU-Emissionshandel fallen. Damit wäre die Regelung wettbewerbsneutral. Damit müssten Kreuzfahrtschiffe ebenso wie große Handelsschiffe ab 2022 für ihre Emissionen erheblich zahlen. Als Preis für eine Tonne CO2 fordert das EU-Parlament 25 Euro. Was freilich unter Umweltökonomen eher als unterste Grenze für eine wirksame Bepreisung gilt. Teure umweltfreundliche Investitionen lohnten sich für die maritime Wirtschaft nämlich erst ab einem Preis von etwa 100 Euro. Derartige Investitionen anzustoßen, gilt als der eigentliche Zweck des Emissionshandels.

Die Reeder zeigen sich wenig begeistert. Sie weisen darauf hin, dass die Schifffahrt die einzige Branche sei, die über ihre Dachorganisation IMO in London ehrgeizige Umweltziele bereits weltweit verbindlich festgeschrieben hat. So gilt seit 2015 ein strengerer Schwefelgrenzwert für Treibstoffe, und bis 2050 will die Schifffahrt ihre CO2-Emissionen mindestens halbieren. Ralf Nagel, Geschäftsführer des Verbands Deutscher Reeder, hält es daher für »den falschen Weg«, den Unternehmen jetzt die Gelder zu entziehen, die sie sonst für Investitionen in noch effizientere und damit klimafreundlichere Schiffe stecken würden. »Geld allein in den öffentlichen Kassen hilft dem Klima nicht.«

Europas Reeder streben zudem eine globale Lösung im Rahmen der IMO an - dort sollten sich die europäischen Mitgliedsstaaten engagieren, so der frühere SPD-Senator Nagel. Die Schifffahrt brauche zudem neue, klimaneutrale Brennstoffe. Dafür müsse massiv in Forschung und Entwicklung investiert werden. Die globale Schifffahrtsindus-trie baut dazu einen fünf Milliarden Dollar schweren Forschungs- und Entwicklungsfonds auf. Reeder zahlen dafür pro Tonne Brennstoff zwei US-Dollar in den Fonds ein.

Die EU-Abgeordneten wollen sich mit freiwilligen Maßnahmen der Branche nicht zufriedengeben. Als nächsten Schritt nach dem Parlamentsvotum muss die Kommission nun ein Gesetz ausarbeiten. Es folgen sogenannte Trilogverfahren unter Einbeziehung des EU-Rats, also der nationalen Regierungen, sowie der Kommission und erneut des Parlaments, bevor eine endgültige Entscheidung gefällt wird. Dieses Verfahren führt aller Erfahrung nach zur Verwässerung einer Parlamentsinitiative.

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