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Klima, Kosten, Menschenleben
SIEBEN TAGE, SIEBEN NÄCHTE: Regina Stötzel über die sozialen Kosten der CO2-Emissionen
Was haben die Corona-Pandemie und der Klimawandel gemeinsam? Bei beiden aktuellen Großproblemen (und nicht nur dort) richten sich politische Entscheidungen nach wirtschaftlichen Erwägungen - nach den Kosten, die Gegenmaßnahmen mit sich bringen. Der Verlust von Menschenleben ist dabei ein Faktor unter anderen. Anders als bei Corona rechnen Forscher schon seit Jahrzehnten die Kosten von Klimaschutz und Klimaschäden gegeneinander auf und kamen dabei zu bahnbrechenden Ergebnissen wie etwa dem, dass die UN-Klimaziele nicht ganz unsinnig seien, sondern sogar ökonomisch sinnvoll.
Die sozialen Kosten der CO2-Emission realistisch zu bestimmen, nannte Noah Kaufman vom Center on Global Energy Policy an der New Yorker Columbia-Universität kürzlich »die schwierigste Frage der Welt«. Da schon die Berechnungsgrundlage unsicher ist, fallen die Ergebnisse entsprechend unterschiedlich aus. Nach Ansicht der US-Regierung unter Donald Trump ist der künftige Ausstoß jeder weiteren Tonne CO2 schon zum Schnäppchenpreis ab einem Dollar zu haben, was allerdings von Wissenschaftlern, vorsichtig ausgedrückt, bezweifelt wurde.
Unter Barack Obama war man noch von rund 50 Dollar ausgegangen. US-Forschern des Climate Impact Lab zufolge dürften die Kosten jedoch noch viel, viel höher liegen. Jenem Team ist es auch hoch anzurechnen, dass sie die unmittelbar tödlichen Folgen der Klimaerwärmung für Menschen nicht mit den Konsequenzen für Ackerflächen und Küstenregionen in einen Topf geworfen, sondern für sich ermittelt haben. Was nichts daran ändert, dass auch sie den Verlust von Menschenleben in der gewöhnungsbedürftigen Einheit Preis pro Tonne CO2 angeben.
38 Dollar werden danach allein wegen steigender Temperaturen pro zusätzlicher Tonne CO2 an »Humankapital« verloren gehen. Im Schnitt, versteht sich. Denn reiche Länder und gut Verdienende werden in der Lage sein, jene tödlichen Folgen durch eine Anpassung an die klimatischen Bedingungen abzumildern. In jetzt schon armen und heißen Ländern schlagen die Verluste mit etwa 73 Dollar zu Buche, auch wenn sie das Kohlendioxid nicht selbst in die Luft gejagt haben.
All diesen Schätzungen liegen Szenarien zugrunde, die in einer besseren Welt so gar nicht eintreten würden. Denn dann wären der Staatengemeinschaft die zukünftigen Generationen genug wert, um sofort konsequente Maßnahmen zu ergreifen. Grund für Pessimismus sieht UN-Generalsekretär António Guterres (und vermutlich nicht nur dort) im internationalen Umgang mit der Coronakrise. »Die Pandemie ist ein eindeutiger Test für die internationale Zusammenarbeit - ein Test, den wir im Wesentlichen nicht bestanden haben«, sagte er, und dass er mit Blick auf die Klimakrise »das Schlimmste« befürchte.
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