Zu cool für einen Polizeibeauftragten

Die CSU machte auf ihrem virtuellen Parteitag deutlich, wo sie politisch steht

  • Simon Poelchau
  • Lesedauer: 3 Min.

Markus Blume, der Generalsekretär der CSU, hält seine Partei für »verdammt cool«. Da konnte sie sich ihren am Samstag abgehaltenen virtuellen Parteitag auch gleich mal von so unterschiedlichen Geldgebern wie dem Tabakkonzern Philipp Morris, dem Lobbyverband Vereinigung der bayerischen Wirtschaft, Microsoft oder dem chinesischen IT-Konzern Huawei sponsoren lassen. Und natürlich will man sich als coole Sau auch nicht verbieten lassen, mit 200 Sachen über die Autobahn zu brettern, weshalb man auf dem Parteitag für die eigene Kampagne gegen ein Tempolimit warb. »Die CSU stellt sich klar gegen dieses ideologisch motivierte Vorhaben von Grünen, SPD und Die Linke«, heißt es dazu von der bayerischen Staatspartei.

Manch einen Parteigenossen wird CSU-Chef Markus Söder deshalb etwas irritiert haben, als er bei seiner Rede ein Verbot für Neuzulassungen von Benzin- und Dieselautos ab 2035 ins Spiel brachte: »Ich bin sehr dafür, dass wir uns ein Enddatum setzen«, sagte er, einen »Zeitpunkt, an dem fossile Verbrenner mit fossilen Kraftstoffen nicht mehr neu zugelassen werden können«. Grünen-Bundestagsfraktionsvize Oliver Krischer attestierte schon mal einen »erfreulichen Sinneswandel«: »Das ist ein Erkenntnisgewinn, den wir kaum mehr erwartet hätten. Hoffentlich ist das nicht nur eine seiner Shownummern.« Schließlich sei es »absurd«, das Ende des Verbrennungsmotors, aber gleichzeitig noch Kaufprämien für neue zu fordern.

Doch genau das tat Söder. Gleichzeitig erneuerte der CSU-Chef und bayerische Ministerpräsident die Forderung nach einer kompletten Abschaffung des Solidaritätszuschlag. »Nicht Steuern rauf, wie Olaf Scholz sagt, das wäre das falsche Signal, sondern Steuern runter«, sagte Söder mit Blick auf die ökonomischen Folgen der Corona-Pandemie und sprach sich trotz der steigenden Infektionszahlen gegen einen zweiten Lockdown aus. »Die Folgen wären verheerend. Neben der Wirtschaft müssen auch Kita und Schule offen bleiben«, so Söder.

Wo seine Partei sonst politisch steht, zeigte sie in diversen Beschlüssen, die auf dem Parteitag gefällt wurden: Die doppelte Staatsbürgerschaft sieht die CSU als gescheitert an, einen Polizeibeauftragten, an den sich die Bevölkerung in Konflikten wenden kann, soll es nicht geben, und im Bundestag wie im bayerischen Landtag soll geprüft werden, ob eine geschlechtersensible Sprache Nachteile für das Verständnis hat.

Ob Söder mit einem solchen Programm für die Union als Kanzlerkandidat in den Wahlkampf ziehen will, ließ er weiter offen. »Mein Platz ist immer bei euch, also in Bayern«, sagte er zwar zu seinen virtuellen Zuhörern. Doch machte er der CDU auch deutlich, dass die Entscheidung über die Kanzlerkandidatur nicht ohne die CSU fallen kann: »Keiner kann ohne die Stimmen aus Bayern und ohne die Unterstützung der CSU gewinnen.« Für solche Sätze gab es beim Parteitag allerdings keinen Applaus. Lediglich mit Klicks auf einen Like-Button konnten die CSU-Mitglieder ihren Beifall bekunden. Kommentar Seite 8

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -