- Wirtschaft und Umwelt
- Krise der Automobilindustrie
»Kahlschlag-Konzept«: Conti will Werke schließen - Tausende Arbeitsplätze auf der Kippe
Autozulieferer: Reifenwerk in Aachen wird Ende 2021 aufgegeben / IG Metall: Conti wird »gesellschaftlicher Verantwortung nicht gerecht«
Hannover. Tausende Mitarbeiter von Continental stehen vor einer ungewissen Zukunft: Der Aufsichtsrat des Autozulieferers hat die umfassenden Schließungspläne des Konzerns bestätigt. Das Reifenwerk in Aachen wird Ende 2021 aufgegeben, der Standort für Autoelektronik im hessischen Karben bis Ende 2024, wie Conti am Mittwoch in Hannover mitteilte. Außerdem soll der Standort Regensburg umgebaut werden.
Allein an diesen drei Standorten sind rund 4800 Arbeitsplätze betroffen. Neben dem Wegfall von Stellen zählen auch Umschulungen von Mitarbeitern und Verlagerungen von Jobs dazu. An den Plänen hatte es laute Kritik von Gewerkschaften und Politikern gegeben: Noch am Dienstag demonstrierten rund 2000 Menschen in Hannover gegen den angekündigten Stellenabbau.
Conti steht allerdings wegen des Strukturwandels und der Corona-Krise unter Druck. Die Werksschließungen sind zudem Teil eines schon im vergangenen Jahr angekündigten und nun verschärften Sparkurses beim zweitgrößten Autozulieferer der Welt. Insgesamt will Conti weltweit 30 000 Stellen »verändern«, davon 13 000 in Deutschland. Von 2023 an soll der Umbau jährlich mehr als eine Milliarde Euro einsparen.
Arbeitnehmervertreter kritisierten den Beschluss des Aufsichtsrats am Mittwoch dennoch umgehend. Der Vorsitzende der Gewerkschaft IG BCE, Michael Vassiliadis, sprach von einem »Kahlschlag-Konzept« des Unternehmens. »Continental hat die gesamte Mannschaft vor den Kopf gestoßen, die eigene Unternehmenskultur beschädigt und die betriebliche Mitbestimmung mit Füßen getreten«, sagte er.
Christiane Benner, zweite Vorsitzende der IG Metall und Vize-Aufsichtsratschefin bei Continental, kritisierte, Conti werde seiner gesellschaftlichen Verantwortung nicht gerecht. Es gehe nun weiter darum, »Alternativen zu Schließungen und dem Abbau von 13 000 Industriearbeitsplätzen« zu prüfen. Zuvor hatte sich auch Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) irritiert gezeigt über das Ausmaß der Sparmaßnahmen.
Conti argumentiert mit dem wirtschaftlichen Umfeld. Die derzeitige Krise der Autobranche sei »größer und schärfer als alles, was wir in den letzten Jahrzehnten gesehen haben«, sagte Konzernchef Elmar Degenhart. »Strukturwandel, sinkende Absätze und jetzt die Coronavirus-Pandemie: Das alles kommt zeitgleich zusammen und verursacht in Summe eine historische Krise in der Autoindustrie«, ergänzte Personalvorständin Ariane Reinhart.
Degenhart betonte jedoch auch, dass die 30.000 vom Sparprogramm betroffenen Stellen nicht automatisch 30.000 Kündigungen bedeuteten. Entlassungen seien »für uns immer das allerletzte Mittel«, sagte er. Mit den Arbeitnehmervertretern werde daher jetzt nach möglichst fairen Lösungen für die Mitarbeiter gesucht. dpa/nd
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.