• Politik
  • 30 Jahre Deutsche Einheit

Im sächsischen Landtag zeigt sich die Spaltung am Einheitstag

Abgeordnete von Grünen, Linken und SPD bleiben dem Festakt demonstrativ fern / Kritik an Festredner Vaatz (CDU)

  • Lesedauer: 3 Min.

Dresden. Die Feiern zum 30. Jahrestag der Deutschen Einheit sind in Sachsen vom Streit über den Festredner Arnold Vaatz getrübt worden. Wegen des CDU-Bundespolitikers und früheren DDR-Bürgerrechtlers blieben die Abgeordneten von Grünen, Linken und SPD dem Festakt demonstrativ fern. Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer und Landtagspräsident Matthias Rößler (beide CDU) verteidigten dagegen dessen Einladung. Vaatz war zuletzt wegen Äußerungen zur Berliner Polizei in die Kritik geraten.

Er hatte den Beamten im Zusammenhang mit einer Demonstration gegen Corona-Maßnahmen DDR-Methoden vorgehalten. Grüne, Linke und die SPD im sächsischen Landtag hatten die Auswahl von Vaatz als Festredner kritisiert und schon vorab ihr Fernbleiben von der Einheitsfeier angekündigt.

Ministerpräsident Kretschmer kritisierte dies: »Ich finde es unfair, wie das in Sachsen in den vergangenen Wochen gelaufen ist«, sagte er beim Festakt. Es sei keine Lösung sich wegzudrehen, wenn einer eine andere politische Meinung hat. »Wir müssen das aushalten, dass es verschiedene Meinungen gibt«, sagte Kretschmer. »Sich gegenseitig zuhören - nur das wird uns eine gute Zukunft bringen«, fügte er hinzu.

In seiner Rede kritisierte er zugleich scharf das Verhältnis der AfD zu Rechtsextremisten: »Warum stehen Sie nicht auf, wenn Rechtsextremisten in der eigenen Partei eingeladen werden«, fragte er in den Plenarsaal, in dem unter anderem die sächsische AfD-Fraktion saß. »Es muss doch Frauen und Männer geben, denen das nicht egal ist«, fügte er hinzu. Jeder und jede habe Verantwortung in der Demokratie. Rechtsextremisten gelte es entgegenzutreten.

Sachsens Landtagspräsident Matthias Rößler (CDU) bedauerte, dass Teile des sächsischen Parlaments dem Festakt ferngeblieben waren. Vaatz sei »zweifellos streitbar«, habe aber zugleich »eine zutiefst demokratische Haltung« in einer globalen Gesellschaft, sagte Rößler. Er sei ein Zeitzeuge und ein Gestalter der Wiedergründung Sachsens 1990.

Der Mathematiker und Theologe Vaatz war in der DDR politisch verfolgt worden. Er gilt als einer der Initiatoren für die Wiederbegründung des Freistaates Sachsen am 3. Oktober 1990 auf der Meißner Albrechtsburg. Seit 1998 sitzt er für die CDU im Bundestag.

In seiner Festrede betonte Vaatz, er habe in manchen Situationen Zweifel, ob die Freiheit von 1990 noch Lebenswirklichkeit sei. Es müsse doch zum Beispiel möglich sein, über die Energiearten der Bundesrepublik zu streiten oder über die Gefahren der Verschuldungspolitik. Dass eine »saubere Trennung von Asylpolitik und Einwanderungspolitik« eingefordert werde, müsse zugelassen werden, ohne an den Pranger gestellt zu werden oder zu stellen.

Zur deutschen Einheit sagte Vaatz: »Die blühenden Landschaften sind weit über das Maß hinaus Wirklichkeit geworden.« Er dankte »der Solidarität der Menschen im Westen«, die das Erbe des Krieges ausgeglichen hätten. »Vor 30 Jahren ist ein Kapitel der Solidarität und der Rechtsstaatlichkeit aufgeschlagen worden, sorgen wir dafür, dass es nicht wieder zugeschlagen wird«, sagte Vaatz.

Der sächsische Landtag begeht den Tag der Deutschen Einheit seit 1991 mit einer Festveranstaltung. 2019 hatte der ehemalige Fernsehmoderator Ulrich Wickert die Festrede gehalten. epd/nd

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