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James Bond und die realen Nullen
Individualisiertes Morden ist nach wie vor und weltweit ein Mittel von Machtpolitik. Nicht selten geht es auch »nur« um Rache
Millionen James-Bond-Fans warten inbrünstig auf den neuen Film. Doch wegen der andauernden Coronakrise wurde der Kinostart erneut verschoben. »Keine Zeit zum Sterben« lautet der Titel des Streifens, und obwohl der Geheimagent Ihrer Majestät laut Skript bereits im Ruhestand ist, darf man davon ausgehen, dass 007 seine Lizenz zu straffreiem Morden wieder reichlich nutzen wird.
Bisweilen fragt man sich, ob es solche Typen, die für staatliche Stellen die »Drecksarbeit« erledigen, wirklich gibt. Die Antwort fällt positiv, also nach moralischen Kategorien extrem negativ aus. Schon in der Antike und im alten Rom wurden von der jeweiligen Obrigkeit Mörder ausgeschickt, um politische Widersacher oder Abtrünnige hinterrücks umzubringen. Die Geschichte der Medici ist voll von zumindest höchst mysteriösen Todesfällen.
Diese Form von Machtpolitik wurde immer mehr perfektioniert. Handbücher der CIA beschreiben ausführlich, wie man sogenannte High Value Target Operations möglichst effektiv ausführt. Kein Zweifel, dass Konkurrenten sowie mit US-Diensten befreundete staatliche Gangstervereine vergleichbare Handreichungen ausgearbeitet haben und spezielle Killerformationen trainieren. Die Liste der Personen, die so umgebracht wurden, ist lang und nach Herkunft und politischer Orientierung bunt gemixt. Manche Ziele entgingen dem ihnen zugedachten Schicksal auf fast wundersame Weise. Fidel Castro beispielsweise. Der kubanische Revolutions- und Staatsführer war ein gesuchtes Ziel der CIA. Er überlebte alle Anschläge. Anders als sein Widersacher John F. Kennedy. Ob der 35. Präsident der USA im Jahre 1963 tatsächlich ohne Zutun von Geheimdiensten umgebracht wurde, ist noch immer umstritten.
Dass der israelische Mossad Killerkommandos aus- und Bombenpakete verschickt, wurde spätestens bekannt, als untergetauchte Naziverbrecher, aber auch in Ägypten tätige deutsche Waffenkonstrukteure unnatürlich das Zeitliche segneten. Später wandte sich Israels Auslandsdienst eher Gegnern in der arabischen Welt zu. Im Januar 2010 fand man in Dubai Mahmud al Mabhuh tot in seinem Hotelzimmer auf. Der Hamas-Führer wurde mit Elektroschocks gefoltert und dann erstickt. Dass der Mord auf das Mossad-Konto ging, weiß man, weil die Killer dumm genug waren, sich im Hotel von Überwachungskameras aufnehmen zu lassen. Noch schlampiger agierten Mossad-Kollegen, als sie Chalid Maschal Levofentanyl in Jordanien vergiften wollten. So sollten Friedensverhandlungen mit den Palästinensern behindert werden. Technisch durchaus perfekt, sprühten sie dem Opfer ein zu hoch dosiertes Medikament ins Ohr. Doch sie ließen sich erwischen. Leibwächter des Hamas-Aktivisten übergaben sie der Polizei. Die Killer leugneten die Tat - während Maschal im Sterben lag. Doch da das jordanische Königshaus gute Beziehungen in die USA hatte, verlangte deren Präsident Bill Clinton von den Israelis, das hilfreiche Gegengift herauszurücken. Der Mord fiel aus.
Sicher führen US-Agenten noch immer giftige Substanzen in ihren Werkzeugkoffern. Und Bomben. Noch perfekter sind die USA jedoch beim Einsatz von Drohnen. Weltweit. Und natürlich beweisen die Navy-SEALS hin und wieder, dass man nicht umsonst Milliarden in ihre Ausbildung und Ausrüstung investiert hat. Al-Qaida-Chef Osama Bin Laden würde das bestätigen - wenn er könnte.
Höchst ideenreich, doch keineswegs unentdeckter agierten sowjetische Geheimdienste. Leo Trotzki, der Konkurrent Lenins und Stalins, mochte sich in Mexiko sicher fühlen - er war es nicht. Im Kalten Krieg wurde Umbringen fast alltäglich. Jugoslawiens Dienste streckten in München politische Gegner nieder, die ihrerseits gemordet hatten. 1978 wartete der bulgarische Schriftsteller Georgi Markow auf der Londoner Waterloo Bridge auf den Bus, als ihm jemand die Spitze eines Regenschirms in die Wade rammte. Vier Tage später war er tot. Nordkoreas Machthaber scheuen nicht einmal davor zurück, so Familienbande zu zerstören und saudische Regimekritiker haben die Botschaft des Khashoggi-Mordes wohl vernommen.
Immer wieder wird behauptet, dass die DDR-Staatssicherheit in ihrem Operationsgebiet - selbst und mit gedungenen Killern - zugeschlagen hat. Falls ja, so ging man unauffälliger vor als die Nachfahren der einstigen Sowjetfreunde. Zumindest die westliche Konkurrenz setzt Namen wie die von Sergej Juschenkow, Alexander Litwinenko, Anna Politkowskaja, Sergej Skripal und Alexej Nawalny auf die Opferliste von Putins Diensten. Auch der einst hochgelobte und extrem gefürchtete militärische Nachrichtendienst GRU mischt mit. Allerdings sehr schlampig - wenn es stimmt, dass er den Mord im Berliner Tiergarten in Auftrag gegeben hat.
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