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Stromnetz wird digital
Mit dem Smart-Meter-Rollout soll die Energiewende vorangebracht werden
Die kleinen grauen Kästen sind recht unscheinbar. Am Ausgang des digitalen Zählers blinken zwei grüne Lämpchen, ein digitales Display weist den Stromverbrauch aus. Für die angestrebte Energiewende sind die neuen Zähler, die der Netzbetreiber Stromnetz Berlin ab sofort verbaut, aber so etwas wie eine kleine Revolution. Denn mit dem sogenannten Smart Meter - auf Deutsch: intelligenter Stromzähler - kann der Netzbetreiber zukünftig besser die Auslastung des Stromnetzes steuern, weil die kleinen Geräte entsprechende Daten versenden können. Auch für die Großkunden, die die Zähler in der Hauptsache erhalten werden, soll die Umstellung Vorteile bringen. Stromnetz Berlin geht davon aus, dass alsbald neue Produkte am Markt angeboten werden, die es Kunden ermöglicht, beispielsweise dann günstig Ökostrom zu beziehen, wenn dieser wegen einer guten Ausbeute der Photovoltaik-Anlagen billig zur Verfügung steht.
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»Smart Meter werden die Energiewelt verändern«, ist sich der Geschäftsführer der Vattenfall-Tochter Stromnetz Berlin, Thomas Schäfer, sicher. Die Messgeräte seien ein wichtiger und notwendiger Schritt zur Umsetzung und Digitalisierung der Energiewende. Auf nd-Nachfrage räumt Schäfer ein, dass die Beschaffung der Smart Meter für die Kunden rund 100 Euro pro Jahr kosten wird. Angesichts der Technik, die auch besonderen Sicherheitsanforderungen entsprechen muss, wird auch nicht jeder der rund 2,3 Millionen Stromkunden mit den Messgeräten ausgestattet werden. Lohnenswert ist die Installation nur bei jenen rund 100 000 Kunden, die mehr als 6000 Kilowattstunden pro Jahr verbrauchen - also ab kleinen Geschäften wie Spätis oder Imbissen aufwärts. Das Gros der Privatkunden in Berlin wird dagegen bereits seit 2017 sukzessive zwar ebenfalls für 20 Euro pro Jahr mit modernen Messeinrichtungen ausgestattet, die den Verbrauch digital anzeigen, aber sie haben nicht die Funktion, dass sie Daten übermitteln können.
Um den Betrieb der neuen Messgeräte ausführlich zu testen, werden derzeit die ersten 88 Zähler auf dem EUREF-Campus in Schöneberg installiert. »Hier können wir zusammen mit dem EUREF und Partnern die neuen Technologien leben und austesten«, sagt Schäfer. Das Areal unter dem Gasometer in Schöneberg entwickelt sich seit 2008 zu so etwas wie einem Zukunftslabor, in dem Firmen ihre Innovationen ausprobieren. Der Standort ist auch für die Elektrotechnik wichtig, weil beispielsweise die Einspeisung von Energie über Photovoltaik auf dem Areal mit den neuen Messgeräten erprobt werden kann.
Der rot-rot-grüne Senat, der sich die Forcierung der Energiewende auf die Fahne geschrieben hat, begrüßt die neuen Entwicklungen. »Wir sind in Berlin Digital-Hauptstadt«, sagt der für die sogenannte Smart-City-Strategie zuständige Staatssekretär Frank Nägele (SPD). »Der Einbau von intelligenten Messsystemen schafft eine für die Smart City wichtige Infrastruktur und leistet somit einen wichtigen Beitrag zur nachhaltigen Stadtentwicklung.« Die Idee einer vernetzten Stadt treibt den Senat seit Längerem um. Aktuell wird die sogenannte Smart-City-Strategie grundsätzlich überarbeitet. Der Bund fördert das mit 17,5 Millionen Euro. Beim Thema intelligente Messsysteme schafft der Senat aber nur die Rahmenbedingungen. Wobei Vorsicht geboten ist: Denn die Daten, die die kleinen grauen Kästen übermitteln, dürfen auf keinen Fall in die falschen Hände gelangen. Außerdem hat die neue Technologie eine Schattenseite: Stromsperren sind theoretisch ganz einfach möglich.
»Es darf am Ende nicht daraus folgen, dass es Stromsparkampagnen zu Lasten der Armen gibt«, kritisiert die Digitalisierungsexpertin der Linksfraktion, Katalin Gennburg. Und: Eine soziale Spaltung darf sich nicht in der Stromversorgung widerspiegeln und auch die Datensicherheit müsse gewährleistet sein, so die Linken-Abgeordnete.
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