Streit um Beihilfen

Der EU-Gipfel bringt keine Annäherung über ein Post-Brexit-Abkommen

Der Streit um staatliche Beihilfen für Unternehmen verhindert weiter eine Einigung zwischen der EU und Großbritannien über ein Handelsabkommen. Auf ihrem Gipfel stellten die Staats- und Regierungschefs der EU am Donnerstag »mit Besorgnis« fest, dass es nach Monaten der Verhandlungen noch immer keine ausreichenden Fortschritte in Schlüsselfragen gebe. Der britische Premierminister Boris Johnson drohte daraufhin am Freitag mit einem Ende der Verhandlungen.

Staaten weltweit versuchen derzeit, mit Milliarden an Subventionen heimische Unternehmen über die Krise zu bringen und Produktionskapazitäten für die Zeit nach der Pandemie aufzubauen. Das sorgt für Streit mit den Konkurrenten. Dieser Streit eskaliert zwischen der EU und Großbritannien. Beide Seiten wollen ein Handelsabkommen für die Zeit nach der Brexit-Übergangsphase schließen. Hauptzankapfel sind dabei - neben den Fischereirechten - die Subventionen.

Bislang schränkt das EU-Binnenmarktgesetz staatliche Beihilfen deutlich ein. Damit soll verhindert werden, dass sich ein Land Wettbewerbsvorteile gegenüber den Konkurrenten sichert. London hat nun ein Gesetz erlassen, nach dem Großbritannien sich über die EU-Regeln hinwegsetzen kann. »Aus Regierungskreisen ist zu hören, dass man sich von den EU-Regeln für staatliche Beihilfen befreien möchte, um die Industrien der Zukunft zu unterstützen«, erklärt Peter Dixon von der Commerzbank.

Ursprünglich hatte die EU gefordert, dass sich Großbritannien in Sachen Subventionen auch nach der Brexit-Übergangsphase weiter an die EU-Regeln hält. Inzwischen hat sie diese Haltung aufgeweicht, verlangt aber noch immer, dass London sich bei der Unterstützung seiner Unternehmen kontrollieren lässt und den gemeinsam vereinbarten Standards unterwirft. Hier wird man sich bislang nicht einig. Im britischen Fernsehen sagte Johnson am Freitag, er gehe von einem harten Bruch mit der EU ohne Vertrag zum 1. Januar aus. Die EU habe offenkundig kein Interesse an einem von Großbritannien gewünschten Freihandelsabkommen wie mit Kanada. Dementsprechend erwarte man nun eine Beziehung wie mit Australien, also ohne Vertrag, drohte Johnson, ließ dabei allerdings eine Hintertür offen, indem er von der EU einen »grundsätzlich anderen Ansatz« in den Verhandlungen forderte. »Die EU arbeitet weiter an einem Deal, aber nicht zu jedem Preis«, antwortete EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, »unser Verhandlungsteam wird nächste Woche wie geplant nach London fahren.«

Angesichts steigender Corona-Fallzahlen vereinbarten die Staats- und Regierungschefs der EU darüber hinaus eine intensivere Zusammenarbeit bei der Pandemiebekämpfung. So soll es eine bessere Koordination bei den Quarantänevorschriften, der grenzüberschreitenden Kontaktverfolgung sowie bei Teststrategien, dem Aufbau von Impfkapazitäten und Reisebeschränkungen geben, hieß es in der Gipfel-Abschlusserklärung.

Zudem einigte man sich grundsätzlich darauf, das Klimaziel für 2030 »in der möglichst kosteneffizientesten Weise« zu verschärfen - die konkrete Entscheidung wurde jedoch verschoben. Hintergrund: Die EU hat sich verpflichtet, bis zum Jahr 2050 klimaneutral zu sein, also mehr Treibhausgas zu kompensieren oder aufzufangen als sie ausstößt. Das bisherige Zwischenziel für 2030 einer Verringerung der CO2-Emissionen um 40 Prozent im Vergleich zu 1990 reicht dafür nicht aus. Die EU-Kommission hat deshalb eine Reduktion von 55 Prozent vorgeschlagen. Die Entscheidung haben die Staats- und Regierungschefs auf ihrem Gipfel nun um zwei Monate vertagt. Hintergrund sind Bedenken aus den stark kohleabhängigen Ländern in Osteuropa. An der Vertagung übten Umweltschützer Kritik. »Es ist riskant, bis zum nächsten EU-Gipfel im Dezember zu warten«, sagte Lutz Weischer von der Organisation Germanwatch.

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