Höhere Stromkosten belasten die Ärmsten

Hartz-IV-Satz deckt bei Weitem nicht die steigenden Energiepreise

Im ersten Halbjahr 2020 stiegen die Strompreise im Vergleich zum zweiten Halbjahr 2019 um 6,8 Prozent auf durchschnittlich 31,94 Cent pro Kilowattstunde, teilte das Statistische Bundesamt am Donnerstag mit. Gründe für den deutlichen Strompreisanstieg führten die Statistiker auf höhere Netzentgelte sowie höhere Kosten für die Strombeschaffung und den Vertrieb zurück.

Was manche nicht einmal an ihrem Kontostand bemerken, bringt andere in große Not. Für eine allein lebende Person, die Hartz IV beziehen muss, sind laut der zugrunde liegenden Einkommens- und Verbrauchsstichprobe 35,30 Euro im Regelsatz zur Zahlung der Stromkosten vorgesehen. Das Vergleichsportal Check24 hatte bereits Anfang des Jahres berechnet, dass sich die Stromkosten eines Singlehaushalts, bei einem Verbrauch von 1500 Kilowattstunden, im Bundesdurchschnitt auf 43,17 Euro im Monat belaufen. Für Betroffene, die Strom vom örtlichen Grundversorger beziehen, ist die Lücke zwischen tatsächlichem Bedarf und dem Posten im Regelsatz sogar noch größer. Hier liegen die durchschnittlichen Stromkosten bei 48,75 Euro im Monat, Betroffenen fehlen demnach jährlich etwa 161 Euro.

Das Vergleichsportal Verivox kommt Ende August zu einem Fehlbetrag von 197 Euro im Jahr. Zu einem günstigeren Stromanbieter zu wechseln ist zudem besonders für Menschen in Armut wegen der Bonitätsprüfung nicht leicht. Und selbst wenn sie vom teureren Grundversorger wechseln können, dürfen sie nicht einmal die oft gezahlte Wechselprämie behalten. Diese wird ihnen als Einkommen mit dem Regelsatz verrechnet. Das geht aus einem Urteil des Bundessozialgerichts in Kassel von letzter Woche hervor. Ein zusätzliches Problem ist auch, dass im Regelsatz kein Geld für neue, stromsparende Elektrogroßgeräte vorgesehen ist.

Während die Stromkosten vom Regelsatz bezahlt werden müssen, wird bei Heiz- und Mietkosten je nach tatsächlichem Bedarf gezahlt. Anfang Oktober teilte die Bundesnetzagentur mit, dass im Jahr 2018 rund 289 000 Haushalten wegen unbezahlter Rechnungen der Strom abgestellt worden ist. »Energie gehört wie ein Dach über dem Kopf zum Existenzminimum«, kommentierte Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands. Auch die Linke fordert, Stromkosten extra und nicht als Teil des Regelsatzes zu zahlen. Verbraucherschützer riefen die Energiekonzerne am Donnerstag zu Strompreissenkungen auf.

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