Abschluss mit der Pandemie im Rücken

Einigung im Tarifstreit: Beschäftigte im öffentlichen Dienst erhalten bis zu 4,5 Prozent mehr Geld

  • Martin Brandt
  • Lesedauer: 3 Min.

Erleichtert verkündeten nach drei langen Verhandlungstagen die Spitzenvertreter der Gewerkschaften und der Arbeitgeberverbände am Sonntag eine Einigung im Tarifstreit des öffentlichen Dienstes. Sie wendeten damit in der dritten Runde einen unbefristeten Durchsetzungsstreik der rund 2,3 Millionen in Bund und Kommunen Beschäftigten ab. Während die Arbeitgeberseite das Ergebnis als »Durchbruch« wertete, gaben sich die Gewerkschaften bescheidener.

Lange hatten die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) und der Bund die verhandelnden Gewerkschaften Verdi, dbb Beamtenbund und Tarifunion hingehalten. Erst schlugen sie deren Angebot aus, die Tarifverhandlungen wegen der Corona-Pandemie auf das kommende Jahr zu verschieben. Schließlich legten sie erst nach der zweiten Verhandlungsrunde und nach den erfolgreichen bundesweiten Warnstreiks ein eigenes Angebot vor. Die VKA bot eine dreistufige Lohnsteigerung um insgesamt 3,5 Prozent an, im ersten Jahr um mindestens 30 Euro monatlich. Diese Steigerung zu einer Laufzeit von 36 Monaten lehnte die Gewerkschaftsseite als »respektlos« ab. Sie würde nicht einmal die jährliche Inflation ausgleichen. Stattdessen forderten Verdi und dbb eine Erhöhung um 4,8 Prozent zu der kürzeren Laufzeit von zwölf Monaten und mindestens um 150 Euro pro Monat.

Am Sonntag einigten sich die Vertreter beider Seiten auf eine nach sozialem Maßstab gestaffelte Lohnsteigerung von 3,2 bis 4,5 Prozent. Zum 1. April 2021 bedeutet das konkret eine erste Steigerung um 1,4 Prozent, mindestens aber um 50 Euro. Eine zweite Steigerung um 1,8 Prozent soll zum 1. April 2022 erfolgen. Die höheren Einkommensklassen würden die 3,2 Prozent erhalten, die mittleren und unteren bis zu 4,5 Prozent. Bei der Laufzeit einigte man sich auf 28 Monate - dies nähert sich mehr der Forderung der Arbeitgeber. dbb-Chef Ulrich Silberbach begrüßte jedoch, dass deren Forderung nach einer dreijährigen Laufzeit nicht durchgesetzt werden konnte und so Anfang 2023 wieder verhandelt werden könne.

Sahen die Arbeitgeberverbände eine einmalige Corona-Prämie in Höhe von 300 Euro für alle Beschäftigten vor, wird diese nun auch nach dem bisherigen Einkommen gestaffelt werden. Beschäftigte der unteren Einkommenskassen sollen demnach 600, die der mittleren 400 und die der höheren Klasse 300 Euro noch in diesem Jahr erhalten. Auch die Auszubildenden gehen nicht leer aus: 225 bzw. 200 Euro sind für sie in den Kommunen und im Bund vorgesehen.

Neben einer spürbaren Lohnerhöhung und der Zahlung einer Corona-Sonderprämie war für die Gewerkschaften die Angleichung der Arbeitszeit in den neuen Bundesländern ein sensibler Aspekt der Auseinandersetzung. Die Arbeitgeberverbände schlugen hierfür eine zweistufige Angleichung auf die im Westen geltenden 39 Stunden bis zum Jahr 2024 vor. Die Angleichung soll nun bereits zum 1. Januar 2023 erfolgen.

Außerdem konnte die Übernahme von Auszubildenden und die Regelung zur Altersteilzeit im Rahmen der Laufzeit gesichert werden. Eine drohende Änderung der Eingruppierungen, die zu einer großen Kürzungswelle geführt hätte, wurde damit abgewendet. Auch die Reduzierung der Jahresleistung bei den Sparkassen wurde so verhandelt, dass ein Teil in freien Tagen genommen werden kann. Um bei den Beschäftigten an den Flughäfen Entlassungen zu vermeiden, können sogenannte Notlagen-Tarifverträge vereinbart werden.

Unter anderem für den Krankenhaus- und Pflegebereich wurden Verbesserungen durch neue Zulagen erreicht. Dafür konnten die Gewerkschaften in anderen Bereichen des öffentlichen Dienstes, etwa in Ordnungsämtern, Jobcentern oder der allgemeinen Verwaltung, nicht mehr durchsetzen.

Dass der Verhandlungsdruck sehr groß war, machte Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) deutlich, der für die Beschäftigten im Bund verhandelte. So lobte er besonders, dass während der Gespräche keine Informationen an die Presse durchgestochen wurden. Für die Gewerkschaften war es nicht einfach, unter den Bedingungen der Corona-Pandemie Proteste zu organisieren. Dennoch kamen in den vergangenen Wochen Zehntausende Menschen auf die Straße, um für bessere Arbeitsbedingungen zu demonstrieren. So organisierte Verdi kurz vor Beginn der dritten Verhandlungsrunde 300 Aktionen an drei Tagen.

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