Ruhestand im Ausland - was ist zu beachten?
Ich habe vor, meinen Ruhestand im Ausland zu verbringen. Was muss ich bei meiner Steuerpflicht alles beachten?
Werner G., Berlin
Auskunft gibt Christina Georgiadis vom Lohnsteuerhilfeverein Vereinigte Steuerhilfe e.V. (VLH) mit Sitz in Neustadt an der Weinstraße:
Folgt man den jüngsten Angaben der Deutschen Rentenversicherung (DRV), so ließen sich 2018 fast 1,8 Millionen Ruheständler ihre Rente ins Ausland überweisen. Viele Zahlungen gingen dem Rentenatlas 2019 der DRV zufolge nach Österreich, Spanien, in die Schweiz oder nach Frankreich.
Dabei tauchen immer wieder Fragen auf: Wird meine Rente im Ausland versteuert? Gibt es einen Freibetrag? Was muss man bei der künftigen Steuererklärung beachten?
Auch im Ausland sind Bezieher einer deutschen Rente durchaus zur Abgabe einer Steuererklärung verpflichtet. Seit dem Alterseinkünftegesetz von 2005 werden sämtliche Auslandsrentner nach und nach erfasst und angeschrieben.
Deutsche Rentner, die ihren Wohnsitz ins Ausland verlegen, sind in Deutschland »beschränkt steuerpflichtig«. Diese Bezeichnung beschreibt einen Nachteil: Dem deutschen Rentner im Ausland steht kein Grundfreibetrag zu. Stattdessen müssen sie den steuerpflichtigen Teil ihrer Rente vom ersten Euro an versteuern. Schon bei einer kleinen Rente fallen also Steuern an.
Zum Vergleich: Ab 2020 darf ein allein lebender Rentner in Deutschland 9408 Euro jährlich steuerfrei beziehen. Das sind immerhin 784 Euro. Für verheiratete oder verpartnerte Rentner ist der doppelte Betrag steuerfrei.
Unter bestimmten Voraussetzungen können Auslandsrentner einen Antrag auf »unbeschränkte Steuerpflicht« stellen. Das Formular gibt es entweder auf den Internetseiten des zuständigen Finanzamtes zum Download oder das Finanzamt schickt auf Nachfrage das Formular per Post.
Wenn dem Antrag auf »unbeschränkte Steuerpflicht« stattgegeben wird, wird der Auslandsrentner vom Fiskus genauso behandelt, als würde er in Deutschland leben. Ihm steht der Grundfreibetrag zu.
Welche Voraussetzungen müssen bestehen, um die »unbeschränkte Steuerpflicht« zu erhalten? Der Auslandsrentner besteuert sein Einkommen entweder zum weitaus größeren Teil in Deutschland - nämlich zu 90 Prozent - und hat daneben nur kleine Einkünfte. Oder seine Einkünfte aus dem Ausland, die nicht in Deutschland versteuert werden, liegen nicht über dem Grundfreibetrag (9408 Euro). In diesem Fall sollte der Auslandsrentner seinen Antrag auf »unbeschränkte Steuerpflicht« einen Nachweis darüber beilegen, wie viele Einnahmen er außerhalb Deutschlands bezieht. Ist das zum Beispiel eine Rente aus dem Land, in dem er aktuell wohnt, muss dieser Nachweis von der Auszahlungsstelle diese Landes kommen.
Aber aufgepasst: Das Bundesfinanzministerium hat Staaten außerhalb der EU in Ländergruppen eingeteilt. Je nach Gruppe wird der Grundfreibetrag angepasst, da das Finanzamt davon ausgeht, dass in anderen Ländern ein anderes Einkommensniveau herrscht und in der Regel auch die Lebenshaltungskosten nicht den deutschen Verhältnissen entsprechen. In welcher Höhe der Grundfreibetrag im jeweiligen Land gekürzt wird, ist dem Amtlichen Einkommensteuer-Handbuch des Finanzministeriums zu entnehmen.
Mit bestimmten Ländern hat Deutschland ein Abkommen geschlossen, Rentner nicht doppelt zu besteuern. Das Doppelbesteuerungsabkommen regelt, ob entweder der alte Heimat- oder der neue Wohnsitzstaat die Steuer erheben darf. So müssen Bezieher einer Rente in Deutschland Steuern zahlen, wenn sie in folgenden Ländern ihren neuen Wohnsitz haben: Belgien, Dänemark, Großbritannien, Irland, Italien, Kroatien, Österreich und Polen. Wer in Griechenland oder in den USA lebt, muss keine Steuern in Deutschland zahlen. Allerdings strebt die deutsche Bundesregierung an, bei neue Abkommen ihre Besteuerungsrechte möglichst auszuweiten.
Anlaufpunkt für Auslandsrentner ist das Finanzamt in Neubrandenburg. Auslandsrentner schicken ihre Steuererklärung mit der ausgefüllte Anlage V an das Finanzamt Neubrandenburg, Postfach 110 140, 17041 Neubrandenburg.
Nicht zuständig ist das Finanzamt in Neubrandenburg für Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung, die Auslandsrentner aus Deutschland beziehen. In diesem Fall muss die Anlage V an das Finanzamt geschickt werden, in dessen Bereich die Immobilie liegt.
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